Ich freue mich so sehr über die Resonanz zu meiner neuen Blogreihe „Andre Länder andre Sitten“. Sowohl von Lesern als auch von potentiellen Schreibern. Das ist einfach so schön! Aber es ist ja auch interessant zu wissen, wie es in anderen Ländern so abläuft.
Heute zum Beispiel habe ich Teresa mit ins Boot geholt. Sie folgt mir schon lange bei Instagram und lebt mit Ihrer Familie in Italien. Aber lest selbst.
Vorstellung
Jule hat mich gefragt, ob ich einen Artikel über das Leben mit Kindern im Ausland schreiben möchte.
Möchte ich, definitiv!
Für alle, die mich nicht kennen kommen hier ein paar Fakten. Ich lebe seit über 25 Jahren in Italien, in der Nähe von Verona, bin verheiratet mit einem Italiener und habe eine 12-jährige Tochter. Mittlerweile ist Italien meine Heimat. Ich lebe länger hier als ich jemals in Deutschland gelebt habe und nichtsdestotrotz bleibe ich immer „die Deutsche“. Ich rege mich über so viele italienische Dinge auf und meine, dass es sowas in Deutschland ganz bestimmt nicht gibt. Ich rede mir Deutschland immer schön… ob alles so perfekt dort ist wie ich es in Erinnerung habe mag ich bezweifeln. Aber jeder der fern des Geburtslandes lebt versteht bestimmt, was ich meine.
Ist Italien kinderlieb?
Italien wird ja generell als sehr kinderlieb beschrieben. Kinder dürfen auch wirklich fast alles. Niemand regt sich über kreischende, herum rennende und völlig ausgeflippte Kinder auf. Allerdings muss ich bemängeln, dass den Kindern nicht wirklich etwas geboten wird. Schöne Spielplätze sucht man vergebens. Da gibt es nur ein paar lieblos hingestellte Geräte. Wenn irgendetwas kaputt geht, bleibt es so. Für Reparaturen ist kein Geld da. Für meine Tochter war der Besuch auf dem Spielplatz immer wieder eine Enttäuschung. Zum Glück hat sie mittlerweile andere Interessen. Für ein Land, das als so kinderlieb beschrieben wird, wird meiner Meinung nach zu wenig für die Familien gemacht.
Mutterschutz, Kindergeld & Co.
Das Gesetz schreibt der Schwangeren Arbeitnehmerin in Italien eine obligatorische Arbeitspause von insgesamt 5 Monaten vor. Normalerweise werden diese 5 Monate in 2 Monate vor der Entbindung und 3 Monate nach der Entbindung aufgeteilt. In dieser Zeit bekommt sie 80% ihres üblichen Gehalts. Danach kann man um weitere 6 Monate verlängern, bekommt aber nur noch 30% des Gehalts.
Und wenn ich mich richtig erinnere, wird einem nach dieser Zeit nur noch der Arbeitsplatz zugesichert (bis zu 1 Jahr nach der Entbindung), aber Gehalt bekommt man keines mehr ausgezahlt. Übrigens, sowas wie Kindergeld gibt es in Italien nicht. Darüber schreibe ich hier allerdins nicht, das würde den Rahmen sprengen. Nach dieser Zeit kehrt die Frau wieder zum Arbeitsplatz zurück.
Kinderbetreuung in Italien
Für die Kinderbetreuung gibt es private Einrichtungen die von der Stadt unterstützt werden. Um einen Platz in einer dieser Kindertagesstätten zu bekommen, muss man einen Antrag stellen, am Besten kurz nach der Geburt des Kindes. Die Listen sind sehr lang, es ist schwierig einen Platz zu bekommen. Die Preise sind von Region zu Region sehr unterschiedlich. Hier im Veneto liegt der Preis bei ca. € 350 im Monat pro Kind. Die Babys und Kleinkinder werden dort bis 16 Uhr betreut. Nach 3 Jahren in der Kindertagesstätte geht das Kind in den Kindergarten. Der Kindergarten ist entweder städtisch oder privat. Der städtische ist gratis. Jedem Kind wird ein Kindergartenplatz garantiert. Die Kinder gehen von 3-6 Jahre in den Kindergarten. Sie werden dort von Montag bis Freitag zwischen 8-16 Uhr betreut.
Der Kindergarten ist in Italien eine Art Vorschule. Besonders im 3. Jahr werden die Kinder auf das erste Schuljahr vorbereitet. Meine Tochter ist nur in den Kindergarten gegangen, die Kindertagesstätte konnten wir vermeiden. Die Erfahrungen im Kindergarten waren positiv. Meine Tochter hatte tolle Lehrerinnen und sie war in einer schönen Gruppe. Man hat sich immer viel Zeit für die Kinder genommen und es wurden viele unterschiedliche Aktivitäten gemacht.
Das Thema Kinder im Ausland ist enorm groß. Es gibt noch so viele Dinge, die für die Deutschen völlig normal sind, hier in Italien aber nur schwer vorstellbar, das gilt aber sicherlich auch anders herum.
Ferien in Italien
Die Ferienregelung ist in Italien komplett anders. Die Schule beginnt ca. Anfang bis Mitte September. Wenn die Sommerferien im Juni anfangen, weiß man noch nicht, wann die Schule im September wieder los geht. Das erfahren wir im Laufe des Sommers übers Internet oder Nachrichten.
Sommerferien dauern in Italien 3 Monate. Es werden viele Sommercamps angeboten, sowohl privat, städtisch als auch von der kirchlichen Gemeinde. Da ist die Auswahl wirklich enorm groß. Schwerpunkt Leichtathletik, Tennis oder Schwimmen- da ist für jeden Geschmack etwas dabei. Die privaten Camps sind nicht immer preiswert. Bei den städtischen Camps handelt es sich oft um „Aufbewahrungsanstalten“ (was bei den privaten meist auch nicht ausgeschlossen bleibt).
Die kirchliche Gemeinde hingegen organisiert Ausflüge und auch andere Aktivitäten. Ich glaube, dass die Kinder auch mehrere Tage in ein Zeltlager fahren. Im August allerdings bleiben all diese Aktivitäten geschlossen, der August ist in Italien DER Urlaubsmonat. Früher war es sogar schwer für die Zuhausegebliebenen einen offenen Supermarkt zu finden, das hat sich Gott sei Dank geändert.
Erfahrungen mit der Ferienbetreuung
Meine Tochter hat nur in einem Jahr an einem Sommercamp teilgenommen. Sie ist gerne hingegangen, es hat ihr viel Spaß gemacht. Im darauffolgenden Jahr habe ich sie wieder auf ihren Wunsch angemeldet, allerdings gefiel es ihr überhaupt nicht mehr, die Animateure waren blöd und es wurden keine schönen Spiele gemacht. Nach 1 Woche Camp ist sie nicht mehr hingegangen.
Neben all diesen Sommeraktivitäten muß der italienische Schüler auch noch eine enorme Menge an Hausaufgaben bewältigen. Es gibt wirklich extrem viel zu tun. Jeder Lehrer gibt für sein Fach einiges an Hausaufgaben auf.
Nachdem im September die Schule dann wieder los geht wird durchgearbeitet bis zum 23./24. Dezember. Dann kommen die heißersehnten Weihnachtsferien. Auch mit vielen, vielen Hausaufgaben. Eine echte Herausforderung für diejenigen, die in den Urlaub fahren. Am 7. Januar geht die Schule wieder los. Eigentlich geht es dann bis zum 9.Juni durch. Es wird durchgepowert, viel verlangt, die Schüler sind am Ende wirklich urlaubsreif. An Karneval gibt es 2 Tage Ferien, an Ostern gibt es 4 Tage Ferien. All diese Ferien beinhalten immer Hausaufgaben.
Samstags ist normaler Unterricht bis 13 Uhr. Am Sonnatg müssen natürlich die Hausaufgaben für Montag gemacht werden oder es muss sich für Klassenarbeiten vorbereitet werden. Ich denke, dass von den Schülern viel verlangt wird.
Urlaub für Arbeitnehmer
Der Arbeitnehmer hat das Anrecht auf 4 Wochen Ferien jährlich. Oftmals ist es leider noch so, dass viele Betriebe im August schließen und somit ist der Arbeitnehmer gezwungen die 4 Wochen Ferien im August zu nehmen. Allerdings ändert sich das auch in den letzten Jahren und immer mehr Betriebe haben durchgehend geöffnet und somit können die Ferien eingeteilt werden.
Über einen Austausch und Reaktionen von euch würde ich mich sehr freuen.
Und dir liebe Chaos & Queen danke ich herzlich, an mich gedacht zu haben um einen Artikel zu verfassen.
Liebe Grüße Teresa /tmampia
Vielen Dank liebe Teresa für Deinen Beitrag! Wenn noch jemand von Euch im Ausland wohnt und auch einen Beitrag für diese Reihe schreiben möchte freue ich mich sehr.
3 comments
Nein Silvia… es gibt kein Kindergeld in Italien… da musst du arbeitslos und am Existenzabgrund leben um eine Hilfe zu bekommen!
Ein total interessanter Beitrag!! Ich habe als Studentin mal in Italien gelebt, aber natürlich von diesen Thematiken zu dem Zeitpunkt noch gar nichts mitbekommen, insofern war das richtig spannend!! Danke dafür!
Natürlich gibt es in Italien Kindergeld! :)