Da in den letzten Monaten das Thema Helikoptereltern in den Medien und Gesprächen immer präsenter wurde, haben auch der Chaosmann und ich einige Unterhaltungen über dieses Thema geführt und uns gefragt, inwieweit auch wir Helikoptereltern sind.
Was genau sind Helikopter Eltern?
Eine kurze Erklärung dazu findet man natürlich bei Wikipedia. Nach wie vor frage ich mich aber, wer solche Definitionen festlegt und vor allem, warum heutzutage so oft der Begriff der Helikoptereltern verwendet wird. Denn Helikoptereltern sind nicht nur Eltern, die Ihre Kinder zur Schule bringen. Sie sind viel mehr als das, leidern oft unter Kontrollwahn und Zwang.
Vor einer Weile erschien dieser Artikel im Kölner Stadtanzeiger und sorgte nicht nur im Chaoshause für Gesprächs- und Diskussionsstoff.
Es geht darin um Auszüge aus dem Buch Verschieben Sie die Deutscharbeit – mein Sohn hat Geburtstag!*. Hier werden Geschichten erzählt von Helikoptereltern, nicht nur von jüngeren Kindern, sondern auch von Teenagern oder Studierenden.
Natürlich klingen einige beschriebene Szenarien auf den ersten Blick merkwürdig und vielleicht auch ein Stück weit unglaubwürdig. Eine Mutter die ihr Kind in den Hörsaal begleitet. Ja geht’s noch?
Viele urteilen heute leider zu schnell, stellen die Eltern an den Pranger und machen Sie zur sogenannten Helikoptereltern, ohne Situationen zu hinterfragen. Was steckt hinter diesem Verhalten? Jedes Verhalten hat doch seinen Ursprung, jede Familie ihre eigene Geschichte.
Sicher gibt es sie, die wirklichen Helikoptereltern. Die Eltern mit Kontrollwahn, die ihre Kinder gefühlt keinen Schritt alleine machen lassen und am liebsten eine Rund-um-die-Uhr-Kontrolle hätten. Aber seien wir ehrlich: Es ist eine Minderheit!
Die Hintergründe
Schade, dass viele Menschen urteilen, ohne zu hinterfragen. Natürlich hat man oft auch gar nicht die Möglichkeit, bestimmte Situationen zu durchleuchten, Menschen anzusprechen oder Hintergründe zu erfahren. Aber dann sollte man doch mit seinen Äußerungen einfach etwas vorsichtiger werden.
Nehmen wir dieses Beispiel:
An Stuhlgang erinnern Eine Lehrkraft: „Wir planten einen Ausflug ins Schullandheim. Eine Mutter bat uns als Klassenleitung tatsächlich darum, ihre Tochter täglich daran zu erinnern, dass diese ›groß machen‹ solle. Das Mädchen war elf Jahre alt.“
Natürlich ist das für uns im ersten Moment befremdlich. Weil wieder einmal jemand von der Norm abweicht. Weil wieder einmal jemand anders tickt als die Mehrheit und sich auch noch traut, es auszusprechen.
Was aber steckt dahinter? Ist das Mädchen ggf. entwicklungsverzögert, hat eine Krankheit hinter sich oder einfach eine innere Blockade außerhalb der eigenen vier Wände auf die Toilette zu gehen? Anstatt das Kind zum Gespött zu machen, sollten die Lehrer einfach dezent dieser Aufforderung nachkommen. Denn Eltern fordern dies sicher nicht ohne Grund.
Oder die Mutter, die mit ihrem Kind in den Hörsaal geht. Im Ernst: Ich hätte darauf keinen Bock gehabt. Ich hab aber auch nicht studiert😂. Glaubt ihr nicht, dass auch da eine Geschichte dahinter steckt? Wer weiß, was Mutter und Sohn dazu veranlasst hat.
Eltern werden ist nicht schwer
Noch gehen die Chaoskinder nicht zur Schule. Aber für das Chaosmädchen dauert es nicht mehr all zu lange. Der Schulweg bei uns ist nicht lang. Aber durch eine große und tückische Kreuzung sehr gefährlich. Die Kinder können einfach nicht jede Ecke einsehen und die Gefahren so einschätzen wie wir.
Für den Chaosmann ist klar: Das Chaosmädchen wird diesen Weg nicht alleine gehen. Irgendwann vielleicht. Als Eltern geraten wir immer wieder in die Situation, entscheiden zu müssen, was wir unseren Kindern zutrauen können und was nicht. Wir wollen ihnen eigene Wege und Erfahrungen gewähren, aber nicht um jeden Preis.
Selbstständigkeit fördern
Es gibt Stimmen, die behaupten, ein Kind lerne keine Selbstständigkeit, wenn es nicht alleine zur Schule geht.
Ich aber sage: BULLSHIT!
Warum? Ganz einfach. Mein Kind soll also alleine diesen Schulweg gehen trotz bekannter Gefahren? Um selbstständig zu werden? Warum? Weil andere Eltern und Kinder sich sonst daran ergötzen, dass mein Kind den Luxus genießt, zur Schule gebracht zu werden? Sollen sie doch. Mein Kind kommt heil an.
Denn was, wenn ich mit miesem Bauchgefühl zu Hause oder auf der Arbeit sitze…. und meinem Kind doch etwas passiert? An genau dieser Kreuzung? Weil ich nicht auf mein Bauchgefühl und Mutterherz gehört habe, sondern mich von anderen Stimmen habe einlullen lassen. Stimmen, die mir nichts zu sagen haben.
Und dann? Dann klopfen mir die „Anti-Helikopter-Eltern“ auf die Schulter und sagen „Nimm’s nicht so schlimm, immerhin war sie ganz selbstständig unterwegs. Du hast alles richtig gemacht!“
Natürlich kann man sein Kind nicht immer und überall beschützen. Auch wir Eltern müssen lernen, welche Schritte tatsächlich alleine gemacht werden können und bei welchen unsere Hilfe wirklich noch gebraucht wird. Das ist nicht immer leicht und ein andauernder Entwicklungsprozess auf den wir uns einlassen müssen.
Weichen stellen
Auch ich möchte, dass meine Kinder selbstständig werden. Aber entgegengesetzt der Annahme, dass das nur durch den alleinigen Schulweg passiert, denke ich, dass die Weichen dafür schon viel früher gestellt werden.
Die Selbstständigkeit unserer Kinder setzt doch weit vor dem Schulweg an. Sie lernen alleine zu krabbeln, zu laufen, zu stehen und selbständig zu essen. Unsere Kinder lernen, sich alleine anzuziehen, ganze Tagesabläufe alleine zu organisieren und müssen früh eigene Entscheidungen treffen. Das alles sind Dinge, mit denen sich ihre Selbständigkeit bereits entwickelt. Als Eltern können wir das fördern. Wir müssen hinnehmen, dass die Kinder stürzen und schlechte Erfahrungen sammeln. Dabei können wir sie unterstützen und liebevoll begleiten.
Wie selbständig unser Chaos Mädchen bereits ist ohne, dass sie in die Schule geht, habe ich gemerkt als ich sie neulich mit gerade vier Jahren allein auf dem Reiterhof gelassen habe. Für einen ganzen Tag. In einer völlig fremden Gruppe. Auf Ihren eigenen Wunsch. Mehr Selbstständigkeit geht kaum.
Sind wir wirklich Helikoptereltern?
Mir kann niemand erzählen, dass die Selbständigkeit eines Kindes und dessen Entwicklung vom Meistern des Schulwegs abhängt. Es gibt so viele Möglichkeiten, dem Kind Selbständigkeit zu vermitteln. Wir sind keine Helikoptereltern, nur weil wir unsere Kinder beschützen möchten. Es ist einfach nur ein neuer Modebegriff. Jedem wird das „Helikoptern“ unterstellt, der sein Kind mit dem Auto zur Schule bringt oder ein Auge zu viel auf es wirft. Bei manchen liegt die Schule einfach nur auf dem Weg, andere haben sich bewusst dafür entschieden. Ja und? Deshalb sind wir keine Übermütter und keine Glucken.
Macht Euch frei von diesen Unterstellungen. Meist sind es nur Momentaufnahmen, die uns dazu veranlassen vorzeitig zu urteilen. Und das gilt für viele andere Situationen auch, in denen wir uns anmaßen zu wissen, wie es in anderen Familien zugeht.
Es sind Eure Kinder. Wir werden sie nicht ewig beschützen können, aber ein Stück weit eben doch. Wir müssen Ihnen unser Vertrauen schenken und unseren Rückhalt. Wir müssen Ihnen Mut machen für die große weite Welt. In dem für uns richtigen Tempo. Trotz allem können und dürfen wir Eltern sie beschützen, wenn es uns möglich ist. Das ist doch auch unsere Aufgabe oder nicht? Sie werden dadurch nicht verweichlichen.
Sie werden sich sowieso Schritt für Schritt entfernen. Wir helfen Ihnen dabei. Das ist als Eltern nicht immer leicht, aber Tag für Tag können wir damit eine gute Basis schaffen.
Gab es früher schon Artikel wie diese über Helikoptereltern?
Wie seht ihr das?
Eure Chaos & Queen
*Affiliate Link: Wenn ihr über diesen Link etwas bestellt, erhalte ich eine geringe Provision
6 comments
Hallo. Ich denke wie bereits gesagt: Ihr seid nicht in meinen Augen Helikoptereltern, weil Ihr Eure Tochter über die Kreuzung geleitet. Es wäre auch eine Möglichkeit, Eure Tochter immer ein Stück weiter allein laufen zu lassen. Zunächst bis zur Schule und später vielleicht nur gemeinsam über die Kreuzung und den Rest allein. Vor Jahren gab es hier den ‚Walking Bus‘, Eltern haben Kinder begleitet und es sind Haltestelle, wo Kinder zusteigen könnten, alles zu Fuss. Wie Wir wohnen in einem Neubaugebiet, naja wir seit 12 Jahren, aber hier strömen Hunderte von Kindern zur Grundschule, die von uns 200m entfernt ist. Angst machen mir einige Eltern, die mit dem Auto ranfahren im Stress zur Arbeit unterwegs… Ich habe es vermieden, zu der Zeit loszufahren. Vielleicht gibt es in dem Fall jemanden, der sich eingeschult und den selben Weg hat. Bauchgefühl ist immer gut und ich mag das ewige Rechtfertigen nicht. Du reflektierst und dann gibt es noch Unterschiede zu den echten krankhaften Helikoptereltern.
Die Frage habe ich mir auch oft gestellt. Gerade beim ersten Sohn, weil ich oft wirklich neben ihm herlief beim Kinderturnen zum Beispiel und links und rechts die Arme schützend um ihn hielt oder ständig hinter ihm her lief. Aber er fiiel auch so verdammt oft und ich hatte immer Angst vor Verletzungen. Beim zweiten bin ich da doch anders irgendwie. Aber ich wollte immer in der Nähe meines Sohnes sein. Als ich dann das erste Mal diesen Begriff hörte, fragte ich mich auch ständig, ob ich mich dazu zähle… Eine Antwort habe ich übrigens bis heute nicht ^^
Punkt !!!
Und damit sind wir wieder bei dem Thema mit den Wurzeln und den Flügeln.
Erstens ist es doch jedem selbst überlassen was und wieviel er für seine Kinder tut und zweitens denke ich genauso, dass hinter jeder Sache eben auch eine Geschichte steckt, die Außenstehende oftmals nicht kennen bzw. es sie auch nichts angeht.
Es sollte doch jeder sich um seine Sachen kümmern. Damit ist jeder sicher genug beschäftigt.
Vielen Dank liebe Corinna. Es freut mich, dass der Beitrag so gut bei Dir ankommt. Liebe Grüße!
Helikoptereltern sind nicht diejenigen, die ihre Grundschulkinder zur Schule bringen oder die Kinder mit schweren Erkrankungen haben und, die deshalb spezieller betreut werden müssen, sondern solche, die selbst an irrationalen Ängsten leiden und sich extrem an ihren Kindern festklammern. Das sind Menschen, die wahrscheinlich wirklich ernsthaft professionelle Hilfe brauchen, um erstmal ihre eigene Unsicherheit und ihren Kontrollzwang zu bewältigen. Das sind Eltern, die jedesmal in Panik geraten und sich die allerschlimmsten Dinge vorstellen, wenn sie ihre Kinder mal ganz kurz nicht im Blick haben.
Genau das finde ich ja so schlimm. Es ist ein Modewort geworden. Dabei sind die wirklichen Helikoptereltern krank. Zwang und Kontrollwahn sind nunmal nicht normal und eine Krankheit. Ich finde es schlimm, dass jeder der sein Kind beschützen möchte gleich so „beschmimpft“ wird. Ich war mir nicht ganz sicher, wie dein Kommentar zu verstehen ist. Danke, dass Du Dir die Zeit genommen hast zu kommentieren. Ich hoffe, mein Beitrag kam richtig bei Dir an.