Als Kind waren Lehrer und Eltern für mich irgendwie ähnlich. Ich war immer der Meinung, dass Lehrer einfach alles wissen. Und alles wissen müssen. Hatten sie ja studiert. Spätestens, seitdem ich erwachsen bin (also so mehr oder weniger eben) und Lehrer- Freundinnen habe weiss ich, dass dem nicht so ist. Lehrer können gar nicht alles wissen. Meine Lehrer damals konnten aber scheinbar gut bluffen. Und seien wir ehrlich: Bei Eltern ist es doch sehr ähnlich. Als Kind dachte ich auch immer, meine Eltern wissen alles. Mussten sie auch irgendwie. Schließlich waren sie Eltern. Ich meine, sie mussten arbeiten, kochen, Hausaufgaben machen und so vieles mehr. Das grenzte für mich damals an Unsterblichkeit. Auch da habe ich irgendwann verstanden, dass meine Eltern, genau wie die Lehrer- nicht alles wissen konnten.
Aber niemand wird als Eltern geboren. Woher soll man wissen, was in all den völlig neuen Situationen zu tun ist. Ja woher, wenn wir es ja nicht einmal studiert haben. Das Elternsein. Eltern müssen Ihr neues Dasein mit und mit erlernen. Das weiss ich nun spätestens etwas genauer, seitdem ich selber Mama bin.
Ich kann also Eltern -und ja, auch meine eigenen- heute oft verstehen. Eltern, die mich -aus Sicht meiner damaligen Kinderaugen- so oft zu unrecht bestraft haben, mir verboten haben, im Dunkeln allein von einer Freundin nach Hause zu kommen. Eltern, die mich nicht alleine zu einem Konzert in eine andere Stadt fahren lassen wollten oder Sorge bei dem ersten festen Freund hatten. Wie uncool ich das damals alles fand. So ungerecht. Gegen mich verschworen.
Dabei weiß ich heute, dass es nur eines war: Liebe. Die Liebe von Eltern zu Ihrem Kind. Und ich habe kapiert, wie cool meine Eltern oft waren und viele Situationen so gelassen hingenommen haben. Unser erster Konzertausflug mit 15 zu Greenday nach Köln, viel zu kurze (aber damals coole!) Klamotten, der erste Alkoholgenuss, mein Flug in die USA ganz alleine mit 15! (oder 16?), die Verkündung meines damaligen Freundes: „Machen Sie sich mal keine Sorgen, Ihre Tochter nimmt schon lange die Pille!“ Hach. Meine Eltern. Sie waren gar nicht so uncool. Im Gegenteil. Sie haben Ihre Sache eigentlich echt gut gemacht.Oft frage ich mich jetzt schon, was ich wohl alles richtig oder falsch mache und machen werde. Und, was Tilda in einigen Jahren wohl über mich sagen wird. Aber, ich bin Mutter. Ich habe keine Mutter-Lehre abgeschlossen oder ein Zertifikat erworben. Ich bin nicht perfekt. Aber ich bin Mutter aus vollsem Herzen. Ich wünsche mir eine offene Eltern- Tochter- Beziehung, die immer von so viel Liebe geprägt ist wie jetzt!
Und ich wünsche, dass mein Chaos- Mädchen eines Tages weiß, was das heisst! Mama sein.
Mit diesem Beitrag bin ich gerne bei Judiths Selbermacher- Marathon dabei. Schaut doch mal rein!
Eure Chaos & Queen
2 comments
Oh Jule,
Das hast du sooooo schön geschrieben. Und auch als Nicht-Mama finde, dass es so viele Dinge im Leben gibt, die man erst nachvollziehen und verstehen kann, wenn man sie selber gelernt hat. Nur dann versteht man wie viel Liebe, Herzblut und Energie in etwas steckt.
Liebe Jule, ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn du dich mit diesem Bericht aus Kindheitserinnerung und Gegenwart beim Selbermacher- Marathon verlinken magst. Bzw mir den Link da lassen magst.
Sei ganz lieb gegrüßt,
Judith
❤ wunderschöne Worte!
Liebste Grüße,
Manuela