Während ich so bei meinem morgendlichen Kaffee sitze, mache ich mir Gedanken….
Das Chaosmädchen war heute nach dem Aufstehen zuckersüß.
Sie sagte „Mama, heute bin ich wieder lieb. Versprochen.“ Dann nahm sie meinen Kopf in Ihre Hände, drückte mir einen Kuss auf jede Wange und einen auf die Stirn. Sie lächelte mich an, umarmte meinen Bauch und schenkte auch dem Baby noch einen sanften Kuss auf den Bauch.
Da plagte mich gleich mein schlechtes Gewissen. Denn gestern hatten wir beide einen schlechten Tag. Eigentlich war das Chaosmädchen nur müde und erschöpft. Aber Mama auch. Die Sache mit dem Nikolaus, der Tag in der Kita. Ich habe sie wie versprochen früher abgeholt und mich auf einen schönen Mädelsnachmittag nur für uns zwei gefreut. Aber irgendwie war gestern der Wurm drin. Kein Spiel wollte sie spielen, nichts basteln und auch sonst konnte ich ihr nichts Recht machen und war genervt.
Beim Abendessen spielten sich dann größere Dramen ab. Der Flammkuchen sollte geschnitten werden, dann wieder doch nicht, das Chaosmädchen ließ sich vom Stuhl zu Boden sinken, schrie, schlug und trat um sich. Ich konnte sie schließlich auf den Arm nehmen und beruhigen. Sie war einfach nur absolut hundemüde. Und das vermutlich den ganzen Tag.
Mein liebes Chaosmädchen. Nachdem ich hier neulich die Dinge aufgeschrieben habe, die ich als Mama gut kann, muss ich heute zugeben, dass ich auch oft an meine Grenzen stoße.
Ich liebe Dich. Kinder sind eine Bereicherung. Du bist eine Bereicherung. Aber es ist gelogen, dass immer alles wunderschön ist. Es tut mir leid, dass ich zwar Geduld aufbringe, aber manchmal eben einfach nicht genug. Als Mutter hat man immer wieder das Gefühl, dass es nicht reicht, was man tut oder ständig etwas falsch ist.
Früher habe ich oft zu meiner Mama gesagt „Das ist unfair…“ oder fand, dass sie zu streng war. In der Wut spricht man als Kind oft Dinge aus, die man eigentlich nicht so meint. Nur, weil man in dem Moment wütend ist oder sich ungerecht behandelt fühlt. Heute stehe ich auf der anderen Seite und weiß, dass es gar nicht so einfach ist, eine gute Mutter zu sein.
Es tut mir leid, dass ich nicht immer die Ruhe bewahren kann und an manchen Tagen aus der Haut fahre. Ich möchte nicht, dass Du traurig bist. Ich möchte auch nicht schimpfen. Aber so sehr wie ich Dich liebe, so sehr kannst Du mich eben auch in den Wahnsinn treiben. Letzte Woche bin ich wirklich früh aufgestanden, um den Morgen stressfrei zu starten, Dir genügend Zeit zu geben beim Anziehen, Zähneputzen usw. Ja, es war sogar noch etwas Zeit zum Spielen vor der Kita. Die Tage davor lief es nicht so rund und ich fragte mich, ob es morgens einfach zu hektisch und stressig ist. Wie so oft suchte ich den Fehler bei mir. Daher habe ich an diesem Tag den Ablauf etwas geändert, um in Ruhe in den Tag zu starten. Vorher bist Du in mein Bett gekommen, hast Dich eng an mich gekuschelt und mir ganz viele Küsse gegeben. Du wolltest, dass ich Deinen Rücken massiere und hast gesagt „ooohh das ist schön, Mama“. Ja, das war schön. Deine Nähe zu spüren und Deine Liebe.
Weniger schön ist es, wenn das Anziehen zum absoluten Disaster wird. Wir saßen gemeinsam in deinem Zimmer und suchten etwas zum Anziehen. Alleine darf ich das ja schon lange nicht mehr entscheiden. Das ist auch okay. Aber Deine Trotzanfälle am frühen Morgen, die Du mir nicht erklären kannst, die machen mich fertig. 5 Oberteile sind an diesem Tag aus dem Schrank geflogen, 2 Paar Socken und eine Unterhose. Es tut mir leid, dass ich nicht verstehen kann, was in dem Moment in dir vorgeht. Es tut mir leid, dass ich dann müde bin und nicht ewig Geduld habe. Es tut mir leid, dass ich oft nicht weiss, wie ich mich dann richtig verhalten muss. Gibt es überhaupt richtig? Ich bleibe eine Weile ruhig und hinterfrage Deine Reaktion, ich versuche für Dich da zu sein und zu verstehen, was passiert. Aber hey, ich bin auch nur deine Mama.
Das Zubettbringen dauert an manchen Tagen extrem lange. Wir nehmen uns wirklich viel Zeit. Es ist jeden Abend der gleiche Ablauf. Abendessen. Zähne putzen. Schlafanzug anziehen. Danach kuschelst Du Dich eng an mich oder Papa und wir lesen eine Geschichte. Das magst Du so gerne. Es tut mir leid, dass es an manchen Abenden keine Geschichte mehr gibt, weil das Zubettbringen ein Kraftakt ist, nachdem Mama einfach keine Kraft mehr hat. Du schaffst es, das Szenario so sehr in die Länge zu ziehen, uns dabei aufs Äußerste zu reizen und wir sind danach einfach platt.
In den vergangenen Tagen hingegen warst Du das absolute Gegenteil. Während ich morgens noch im Bad war, hast Du Dich nach dem Waschen komplett alleine angezogen und kamst ganz stolz zu mir. Du bist so ein tolles, großes Mädchen wenn Du willst.
Ich möchte eine gute Mutter sein. Und denke, das bin ich auch. Eigentlich. Aber man möchte es immer besser machen. Besser und besser. Bitte glaube mir mein Chaosmädchen, ich gebe wirklich jeden Tag mein Bestes. Manchmal ist es nicht leicht. Vermutlich verstehst Du das -wie ich- erst, wenn Du eigene Kinder hast, die Dich in den Wahnsinn treiben. Die Dich in den Wahnsinn treiben, aber trotzdem das Beste sind, was Dir je passiert ist. Die Dich zuckersüß ansehen können, Dich küssen und drücken und die schönsten Liebeserklärungen der Welt machen. Die die Welt mit anderen Augen sehen und Dir einen kleinen Blick auf Ihre Welt schenken. Mein Mädchen, Du bist mein großes Glück und ich liebe Dich von ganzem Herzen. Was wäre mein Leben ohne Dich?
Ich freue mich schon, Dich heute von der Kita abzuholen und hoffe, wir haben einen besseren Tag. Du und ich. Ich und Du.
Die Chaos Mama
5 comments
[…] ist nicht alles jeden Tag rosarot. Wir als Eltern machen auch nicht immer alles richtig. Und auch mir fällt oft die Decke auf den Kopf. Aber dann versuche ich, mir eine kleine Auszeit […]
Super toll geschrieben, kann ich für meine Kinder genau so unterschreiben, wirklich sehr passend geschrieben.
Danke für Deinen Kommentar. Ich freue mich immer riesig über Feedback jeglicher Art. Schön dass der Bericht gefällt und wir Mütter und Väter doch irgendwie in einem Boot sitzen….
Meine Liebe Jules,
wie schön Du wieder mal geschrieben hast.
Mir liefen die Tränchen über die Wange und ich hab mich gefragt wie das Chaosmädchen wohl reagiert wenn es die Zeilen mal selbst lesen und fühlen kann.
Das was du schreibst kann sicher jede Mutter verstehen und hat es auch schon schmerzlich erfahren. Das Gefühl „nicht genug zu tun“, „nicht genug Geduld zu haben“, „etwas falsch gemacht zu haben“ kennt jede Mama.
Die Kids fordern und oft mehr ab als wir scheinbar geben können, und doch ist es das allerbeste was wir haben. Wir lieben die Zwerge über alles und darum bringen Sie uns auch an den Rande des Wahnsinns! Wir dürfen an unsere Grenzen kommen und wir dürfen Fehler machen.
Wir sind Mamas und niemand sonst darf über unser Handeln urteilen.
Wir geben Ihnen das Beste was wir haben: unsere Liebe ❤️
Liebe Miene,
danke für den schönen Kommentar. Obwohl ich einfach nur aus unserem Leben schreibe freue ich mich immer wieder,
wenn ich Andere mit meinen Texten berühre und durch Eure Kommentare erfahre, dass es doch irgendwie überall ähnlich läuft.
Auch ich bin gespannt, was das Chaosmädchen irgendwann dazu sagen wird.
Ganz liebe Grüße,
die Chaosmama