Ich hoffe, ihr kennt das auch! Eure Kinder langweilen sich!
Langeweile bei Kindern
In der Regel haben Kinder genügend Spielzeug. Oft sogar zu viel. Viele haben schon früh Nachmittagsprogramm und kommen gar nicht in Versuchung Langeweile zu haben. Und trotzdem gibt es sie. Diese Tage, an denen die Kinder nichts mit sich anzufangen wissen. Rein gar nichts.
Nachdem ich bei dem Chaosmädchen letzte Woche zum ersten Mal bewusst miterlebt habe, dass sie sich langweilt, habe ich mich ein wenig mit diesem Thema beschäftigt. Denn sowohl sie, als auch ich waren davon ein wenig überfordert im ersten Moment. Ich kannte sie so nicht und sie sich selbst vermutlich auch nicht.
Das Netz ist voll von Ratschlägen, Tipps und Ideen, was man mit seinem Kind machen kann, wenn es Langeweile hat. Mittlerweile denke ich jedoch, dass Langeweile zu den Erfahrungen gehört, die unsere Kinder machen müssen. Warum erkläre ich im Verlauf des Beitrages.
Beim Chaosmädchen schleicht sich bisher sehr selten Langeweile ein. Meist kann sie sich gut beschäftigen. Mal alleine, mal mit uns als Eltern, mit Freunden und mittlerweile auch mit Ihrer kleinen Schwester. Aber, als die Langeweile kam, wurde es für mich zur Geduldsprobe. Für uns beide. Sie ist ja grundsätzlich ein sehr wortgewandtes Kind und kann uns immer gut erklären, was sie beschäftigt. Der Satz „Mir ist langweilig“ kam allerdings bisher noch gar nicht über Ihre Lippen, obwohl es absolut offensichtlich war, dass genau das in dem Moment ihr Problem war.
Langeweile als positive Erfahrung
Über dieses Thema unterhielt ich mich die Tage auch mit einer Freundin und sie sagte es genau richtig. Wenn verschiedenste Vorschläge zur Beschäftigung nichts bringen und dem Kind nicht zusagen, so müssen wir diese Gefühlslage aushalten. Und es gibt aus meiner Sicht kein Wort, das es besser beschreibt als Aushalten.
Denn das Chaosmädchen ist dann völlig unzufrieden. Sie weiß nichts mit sich anzufangen und hat auch auf nichts Lust. Dinge, mit denen sie sich sonst stundenlang beschäftigt, sind auf einmal „Pupslangweilig“ und meine Vorschläge werden der Reihe nach abgeblockt.
Auch der Familientherapeut Jesper Juul erklärte in einem Interview genau dieses Phänomen:
Wenn Kinder sagen, dass ihnen langweilig ist, und Eltern dann sofort eine Idee anbieten, weisen die Kinder diese in den meisten Fällen umgehend zurück. Wenn Eltern einige wenige Minuten lang warten, werden sie aber feststellen, dass sich ihr Kind bereits in etwas vertieft hat.
Tatsächlich saß das Chaosmädchen nach wenigen Minuten mit Ihren Pixibüchern auf dem Sofa und war versunken. Es hat mich sehr gewundert, da sie wenige Minuten vorher noch so leidlich war. Aber auch ich muss das lernen. Ich selber langweile mich nämlich sehr ungerne und sicher färbt das auch auf meine Kinder ab. Durch meine Kinder habe ich tatsächlich ein Stück weit gelernt, wie es ist, einmal nichts zu tun. Es ist ausbaufähig, das gebe ich zu, aber es ist wichtig zu erkennen und zu reflektieren.
Wenn Ihr Kind zu Ihnen kommt und sagt: "Mir ist sooo langweilig", dann umarmen sie es und sagen: "Herzlichen Glückwunsch, mein Freund! Es interessiert mich, zu sehen, was du jetzt tust."
Er sagt nicht, dass es falsch ist, seinem Kind Hobbies zu ermöglichen. Aber er sagt, wie wertvoll es ist, dass Kinder sich langweilen. Außerdem brauchen wir Eltern seiner Meinung nach kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn wir die Langeweile unserer Kinder zulassen. Im Gegenteil.
Langeweile fördert Kreativität
Es ist doch tatsächlich so, dass Kinder sehr viel Phantasie und Ideen haben. Wenn wir sie in Ihrer Langeweile ein wenig „alleine“ lassen, werden sie in der Regel einen Weg finden, sich selbst daraus zu befreien. Ob sie dann Dummheiten anstellen oder etwas „Sinnvolles“, lasse ich mal dahingestellt. Aber allein diese Tatsache erklärt doch, warum es für Kinder wichtig ist, auch mal Langeweile zu erfahren, Oder?
Auch in diesem Artikel konnte ich einige nützliche Hinweise finden. Nicht, wie man mit der Langeweile des Kindes unbedingt umgeht und was man anbieten soll. Dafür aber Hintergründe, die erklären, warum es wissenschaftlich erwiesen ist, dass Langeweile für Kinder wichtig ist. Ich fühlte mich dadurch tatsächlich ein wenig bestätigt.
Ein Kind, das nie gelernt hat, seine Langeweile zu überwinden, weiß auch als Erwachsener nicht, was es mit sich anfangen soll, sondern wird im besten Fall zum Multitasking- Mutanten.
Als Mutter finde ich diese Situation mindestens genauso anstrengend wie das Chaosmädchen. Und ich muss gestehen, dass ich mich an meine Kindheit erinnere und mich total in das Chaosmädchen hineinversetzen kann. Ich hatte auch solche Tage und auch heute als Erwachsener habe ich die manchmal. Ich kann mich noch erinnern, dass es kein schönes Gefühl war und genauso wird es dem Chaosmädchen heute auch gehen.
Freizeit für Kinder
Das Chaosmädchen ist ein Kind, das gerne „zu Tun“ hat. Wenn ich sie von der Kita abhole, dann fragt sie mich meistens sofort „Wo gehen wir heute hin?“ oder „Was machen wir heute?“. Es ist nicht so, dass unser Terminplan immer überfüllt ist. Aber es gibt Termine und das Chaosmädchen hat Hobbies. Die macht sie gerne. Und die macht sie nicht, weil wir Eltern das wollen, sondern, weil sie es möchte.
Wenn die Tage zu anstrengend sind versuchen wir immer, Zeit zu Hause zu verbringen. Ab und an geht das Chaosmädchen ja auch nicht in die Kita. So habe ich selten das Gefühl, dass sie gestresst ist. Das ist uns wichtig. Sobald wir Stress verspüren, bremsen wir das ganze System ein wenig aus.
Wir Eltern müssen auspassen, den Kindern genügend freie Zeit zu geben. Freie Zeit, die sie mit anderen Kindern oder uns Eltern verbringen. Aber auch Zeit, in der sie zu Hause spielen können. Zeit, in denen sie eben auch mal alleine mit sich sind und in der sie auch das wichtige Gefühl von Langeweile kennenlernen. Für mich und auch für das Chaosmädchen war das eine neue Erfahrung, denn ich glaube, sie ist bisher mit diesem Gefühl nie in Verbindung gekommen. Auch das muss sie lernen. Ich auch.
Eltern als Entertainer
Grundsätzlich ist es natürlich erst einmal wohltuend zu wissen, dass man als Eltern nichts falsch macht, nur, weil das Kind sich langweilt. Und es tut gut, zu lesen, dass man als Eltern auch nicht in die Rolle des Dauerentertainers schlüpfen soll. Allerdings machen all diese Tatsachen die Situation der Langeweile auch nicht erträglicher. Denn es kann auch dauern, bis das Kind wieder ins Spiel findet. Und diese Zeit gilt es tatsächlich irgendwie auszuhalten.
Ich als Mutter bin natürlich gewissermaßen in der Pflicht, meinem Kind neue Reize zu bieten, es zu fordern und zu fördern und ich sehe es auch als meine Aufgabe, mich mit meinem Kind zu beschäftigen. Kinder müssen auch nicht ständig alleine spielen. Aber im Chaoshause machen wir wirklich viel. Wir malen und basteln, wir kochen und backen. Es gibt eigentlich immer wieder gemeinsame Aktionen und wir alle genießen das sehr.
Auch das Chaosmädchen muss nun diese Erfahrung der Langeweile machen. Ich werde ihr helfen, wo ich kann. Ich werde mich aber nicht mehr als dauerhaften Entertainer zur Verfügung stellen. Dank Jesper Juul auch ohne schlechtes Gewissen.
Ich überlege derzeit, mir endlich mal ein Buch von Jesper Juul zuzulesen. Zum Beispiel dieses hier*. Ich frage mich nur, wann ich es lesen los. Welche Erziehungsbücher habt ihr denn so?
Auch die Münstermama hat zu diesem Thema übrigens schon einen Beitrag geschrieben. Schaut doch mal rein.
Was macht ihr, wenn Eure Kinder Langeweile haben? Ich freue mich sehr über Eure Kommentare!
Eure Chaos & Queen
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7 comments
[…] Jule vom hat dazu folgendes zu sagen: Hilfe meinem Kind ist langweilig. Warum Langeweile für Kinder wichtig ist! […]
[…] Hilfe meinem Kind ist langweilig. Warum Langeweile für Kinder wichtig ist! […]
Unsere Tochter langweiligt sich schnell. Ich finde aber Langeweile auch wichtig und es gilt es auszuhalten. Die Kinder haben oft viele Angebote und unsere Tochter (8,5 Jahre) tanzt gerne auf allen Hochzeiten und manchmal lasse ich es sie spüren und ausprobieren. Unser Sohn hatte auch die Phase, bevor ich die doofe wasr und ich bin in seinen Augen oft der Spielverderber und Nichtgönner (warum auch immer), aber in der 4. Habe ich ihn machen lassen bis ihm schwindelig war und habe ihn von Termin zu Termin gebracht. Er hat schnell erkannt, dass es zu viel war. Erfahrungen sind wichtig.
Total wichtiges Thema.
Das schlimme ist, dass wenige Eltern es beherzigen und es für sie nichts schlimmeres gibt, als ein Kind das gelangweilt ist, traurig
Man muss sich denke ich auch ein wenig damit befassen. Ich lerne auch jeden Tag dazu und fand es auch immer schade, wenn ein Kind sich langweilt. Aber ich erinnere mich tatsächlich an meine Kindheit und das hilft auch!
Lotte kann sich eigentlich auch sehr gut beschäftigen, allerdings läuft es hier so: wenn sie nicht ausgelastet ist und Langeweile hat, dann stellt sie im Moment nur Blödsinn an. Aus dem Grund ist es für mich meistens das Zeichen: ab nach draußen. Da kann sie sich etwas austoben und wir kommen frischgelüftet wieder nach Hause und haben neue Anreize.
Ich bin aber auch absolut nicht dafür den ganzen Tag mit den Kids zu spielen oder den Alleinunterhalter zu spielen. Sonst käme ich ja wirklich zu gar nichts und wir würden uns irgendwann tierisch auf den Keks gehen. Freiräume sind für alle wichtig.
Danke für den Denk-Impuls ;)
Liebe Grüße
Sarah
Hallo Sarah und vielen Dank für dein Feedback und die Schilderung Deiner Sicht! LG