Das Chaos- Mädchen ist nun schon fast 16 Monate alt. 16 Monate, in denen Sie unser Leben absolut verändert hat. Zeit für mich, ein wenig darüber nachzudenken.
Als der Chaos- Mann und ich uns kennenlernten -und auch die drei Jahre danach- gab es nur uns zwei. Wir waren ziemlich spontan, immer auf Achse und für alles zu haben. Im Freundeskreis gab es genug Eltern und immer wieder wurde uns vermittelt, wie schlecht anders das Leben mit Kind ist. Das hat uns natürlich immer ein wenig Angst gemacht. Aber wir wollten trotzdem eins. :-)
Die Wochen vor der Geburt lagen wir abends auf dem Sofa. Ich beobachtete immer wieder den leeren Stubenwagen. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie es wohl sein würde. Mit Kind. Nachdem Tilda nun schon einige Monate bei uns ist -und eigentlich seit der Minute, wo sie da war- können wir uns kaum noch vorstellen, wie es ohne sie war.
Ein Kind verändert die Gefühle Nie habe ich so viel Liebe empfunden, nie aber auch hat mich jemand so auf die Palme bringen können. Trotzdem: Es ist und bleibt ein Geschenk. Und wie oft man auch von Eltern hört, wie anstrengend es ist, wie schlaflos, wie nervig, wie laut…..es ist trotz allem wunderbar. Wenn man manchen Eltern so zuhört, bekommt man das Gefühl, sie wollten Ihr Kind gar nicht. Alles haben sie sich scheinbar anders vorgestellt oder rosiger.
Ein Kind verändert die Beziehung Natürlich steckt die Beziehung eine Weile zurück. Nicht nur körperlich. Aber man muss daran wachsen und lernen. Wenn man als Paar zusammenhält, dann läuft das von ganz alleine. Es ist wichtig, sich nicht zu verlieren. Und irgendwie ist auch das eine Aufgabe, die es spannend macht. Ich finde, dass ein Kind eine Beziehung verändert, man sich aber auch ganz anders neu kennenlernt und das nicht immer schlechtes bedeutet. Man kann sich auch wieder neu in den Partner verlieben. Es gibt Tage, da ist es anstrengend und Tage, da ist es weniger anstrengend. Tage, an denen man kaum Zeit für sich und den Partner hat und Tage, an denen man alles im Griff hat. Natürlich geht die Zweisamkeit verloren, aber man gewinnt so viel anderes.Ein Kind verändert das Leben Viele Dinge, die uns vorher Angst gemacht haben, sind eingetreten. Natürlich wäre es schön, wenn ausschlafen (musste ich grad erstmal googeln!) am Wochenende bedeuten würde, bis mittags im Bett zu liegen statt um 7 Uhr Bücher zu lesen oder Playmobil 1-2-3 zu spielen. Natürlich wäre es schön, abends wieder öfter auszugehen, ohne den Gedanken, dass die Nacht viel zu früh endet. Natürlich wäre es toll, abends so lange bei Freunden zu sitzen, wie man möchte, ohne ein übermüdetes Kind auf dem Schoss, das einfach ins Bett muss.
Aber ganz ehrlich: Es ist gut, wie es ist.
Ist es nicht schön, morgens ins Kinderzimmer zu kommen, ein strahlendes Kind zu sehen, das versucht, mit seinen wenigen Worten zu kommunizieren? Und ist es nicht sogar schön, wenn sie zwischen uns aufwacht und mit aller Gewalt versucht uns zu wecken, damit wir sie endlich bespaßen? Auch nach 16 Monaten wäre es gelogen, zu sagen, dass man nicht ab und zu darüber nachdenkt, sein Kind aus dem Fenster zu werfen (keine Sorge!). Neben den süßesten Engeln können sie eben auch dir biestigsten Teufel sein. Dazu habe ich neulich dieses Zitat gelesen:
Es ist normal, wenn man sein Kind ab und zu aus dem Fenster werfen möchte.
Es ist nicht normal, wenn man es tut.
Leider weiss ich nicht mehr, wo es herkommt.
Damals, kurz nach der Geburt, haben wir unsere Hebamme viele Dinge gefragt. Wo man mit dem Zwerg hingehen „darf“, was zu laut ist, was zu viel. Sie sagte damals, dass das Kind in unser Leben passen muss und man vieles selbst in der Hand hat. Das sehe ich heute genauso.
Tilda bekommt bei uns einen Rhythmus, aber auch keinen der so strikt ist, dass man nicht davon abweichen kan. So waren wir nach den ersten Wochen mit ihr fast genauso viel unterwegs wie vorher. Sie bekam genug Nähe, Wärme, Liebe, Nahrung und Schlaf. Was brauchte sie mehr? Mittlerweile hat sie zwar feste Essenszeiten, aber auch die werden am Wochenende schon einmal etwas verschoben, wenn es die Ausflüge, Planungen, Besuche nicht anders zulassen. Natürlich zweifeln wir manchmal, ob alles richtig ist, was wir tun. Aber ich denke, man kann sich das Leben als Eltern auch unnötig schwer machen. Man kann sich selber einsperren, wenn man sich wirklich immer nach dem Kind richtet. Und man richtet sich ja zu 99% danach. Der eine Prozent, den Eltern dann mit gesundem Egoismus für sich beanspruchen und ihr Kind unterwegs im Auto oder Kinderwagen schlafen lassen statt im Bett, macht uns nicht zu schlechten Eltern. Oder?
In stressigen Wochen, wenn täglich Termine sind oder wenn ich merke, wie müde das Chaos- Mädchen nach der Kita ist, versuche ich immer wieder Ruhetage einzubauen, wo nicht viel passiert. Dann sind wir zu Hause und lesen und spielen und kuscheln. Nur wir zwei. Da tut so gut. Beiden.
Ich bin ehrlich gesagt froh, dass wir es machen, wie wir es machen. Tilda wächst bei uns mit so viel Liebe auf. Sie hat natürlich alles verändert. Aber nicht schlechter gemacht. Es gibt Dinge, die kann man nicht mehr machen wie früher. Aber es gibt eben auch viele Dinge, die gehen immer noch. Das Leben ist oft wohl das, was man daraus macht. Das Lachen und all die Freude, die das Chaos- Mädchen uns ungefragt schenkt ist unbezahlbar.
Und ja, ich wünsche mir manchmal, sie wäre noch einmal miniklein und würde einen Gammelsonntagtag auf dem Sofa durchhalten! :-)
Eure Chaos & Queen
P.S. Tilda hat zwei Tage durchgeschlafen. Wenn ich diesen Beitrag nach drei Horrornächten schreiben würde, wäre er vielleicht etwas weniger blumig *lach*
1 comment
Liebe Jule,
Das hast du sooo schön und mit Herz geschrieben. Manchmal wird mir, als noch nicht Mutti, schon ein wenig unheimlich, wenn man so manches hört und sich dann die Frage stellt “ will ich dann wirklich ein Kind?“. Auch wenn ich Jobtechnisch alle Facetten von Erziehung und Familie tagtäglich erleben darf, ist es doch was anderes, wenn man dann deine warmen Worte liest und denkt, ja so stelle ich mir das vor.
Danke!
Liebe Grüße
Judith