Ich bin müde. Die Nacht war schrecklich. Die Miniqueen war unruhig, hat dauergeweint. Hysterisch. Laut. Schlafraubend.
Einer dieser Tage
Eigentlich wollte ich aufräumen und putzen. Ein wenig Chaos beseitigen. Das, was ich in der Woche nicht geschafft habe. Das, was auch ich lästig finde, was aber eben sein muss. Es sollte auch gar nicht lange dauern. Die Miniqueen spielt. Das Chaosmädchen wollte sich anziehen. Das kann sie alleine. Manchmal macht sie das auch.
Viele, viele andere Male lässt sie sich lieber anziehen. Grundsätzlich ist das auch okay, ich helfe ihr gerne. Wenn sie mich aber dann behandelt wie ihren persönlichen Diener, all ihre Gliedmaßen von sich streckt und sich von Vorne bis Hinten bedienen lässt, dann werde ich schnell unentspannt. Sie ist 4 1/2 Jahre alt, sie kann das. Sie will nur nicht. Nicht immer zumindest.
Ich liebe es, wenn sie in ihr Zimmer verschwindet. Sagt, dass sie sich alleine anziehen möchte und das dann auch macht. Über Ihre Farbkreationen und Kombinationen lässt sich sicher streiten, aber hey, immerhin zieht sie sich alleine an. Oft, ohne zu Murren.
Das große Sockendrama
Wir haben sicherlich so einige Baustellen, die immer wieder zu Auseinandersetzungen führen. Süßkram zum Beispiel. Aber Socken sind noch schlimmer. Schlimmer als Süßes.
Weil man beim Sockenanziehen ziemlich alles falsch machen kann. Bisher war mir das gar nicht bewusst. Aber der Strich an den Zehen muss haargenau sitzen, die Verse muss genau passen. Und mit genau meine ich auch genau. So genau, dass ich den Unmut des Chaosmädchens oft gar nicht verstehen kann. Was für mich super aussieht ist für sie einfach nicht perfekt genug. Bei keinem anderen Kleidungsstück geraten wir so sehr aneinander wie bei den Socken. Die meisten Socken kann das Chaosmädchen nicht alleine anziehen. Sie sind zu eng. Sie fordert meine Hilfe, was auch völlig in Ordnung ist, ähnlich wie bei Strumpfhosen.
Die Hilfestellung
In den Augen des Chaosmädchens mache ich aber einfach alles falsch. Obwohl ich der Erwachsene bin, fühle ich mich dadurch oft traurig. In meinen Augen gebe ich alles. Alles, was das Chaosmädchen durch Ihre Kinderaugen leider nicht sehen kann. Ich stehe nachts auf, weil eines der Kinder etwas hat. Bin stundenlang wach, weil die Miniqueen das ganze Haus zusammenschreit. Ich bin müde. Als ich gerade eingeschlafen bin, wird das Chaosmädchen wach und möchte aufstehen. Das ist okay. Aber ich bin immer noch müde. Und gebe trotzdem mein Bestes, eine gute Mutter zu sein. Nicht nur nachts. Ein Vollzeitjob.
Statt wie geplant meinen Haushalt zu erledigen, braucht das Chaosmädchen gefühlt alle fünf Minuten meine Hilfe. Auch das ist okay. Sie ist mein Kind. Aber ich bin müde. Und genervt. Ich erkläre ihr, was sie ggf. schon selber anziehen oder machen kann und ich erkläre ihr warum.
Es ändert -wie so oft- leider nichts.
Ich helfe ihr beim Anziehen.
Das Streitverhalten
Ich versuche es. Denn es ist alles falsch. Nicht leicht. Für sie. Und für mich. Ich habe keine Nerven und keine Kraft. Aber ich gebe mein Bestes. Mir ist es wichtig, möglichst lange ruhig zu bleiben. Aber ehrlich, nach schlaflosen Nächten, mit müden Augen und schlechter Laune ist es oft nicht leicht. Manchmal unmöglich. Der Alltag des Mutterdaseins zehrt an den Nerven und manchmal sind die Kraftreserven auch einfach leer.
Das Chaosmädchen tobt. Warum verstehe ich leider nicht. Sie schreit. Der Socken sind falsch angezogen. Keine Ahnung warum. Die Verse sitzt in meinen Augen perfekt. Sie schreit. Antwortet nicht. Der Strich an der Zehenlinie ist auch nicht gerade. In meinen Augen ist sie sogar äußerst gerade. Quasi mit dem Lineal gezogen. Egal, es ist falsch. Das Chaosmädchen ist wütend. Kann nicht erklären, was los ist. Ich bleibe ruhig so gut es geht. Setze immer und immer wieder an, um herauszufinden, was das Problem ist.
Irgendwann werde ich sauer. Dann, wenn sie nach mir tritt, nur noch schreit und einfach nichts hilft. Nach wie vor ist alles falsch. Ich darf nicht im Zimmer bleiben. Gehen soll ich auch nicht. Ich darf sie nicht drücken, nicht trösten. Kann ihr nicht helfen.
Irgendwann gehe ich trotzdem. Erkläre ihr warum.
Sie schreit. Laut. Kreischt. Und tobt. Es dauert. Lange.
Die Versöhnung
Ich widme mich derweil dem Haushalt, der warten musste. Irgendwann höre ich hinter mir ihre kleinen, tapsigen Schritte.
Sie umarmt mich. Und weint.
Ich beuge mich herunter und nehme sie fest in den Arm. Mein Chaosmädchen schluchzt und weint und drückt mich immer fester.
Sie sagt „Weißt Du Mama, es war einfach alles falsch. Es war nichts so, wie ich wollte. Und dann war ich so wütend. Und Du hast trotzdem immer noch alles falsch gemacht.“ Ich erkläre dem Chaosmädchen meine Sicht der Dinge. Wir drücken uns. Sie wischt ihre Tränen weg. Dann lächelt sie und sagt „Kannst Du jetzt bitte mitkommen Mama und mir bei den Socken helfen?“
Ich gehe mit. Es klappt nicht sofort, aber sie erklärt, was ich falsch mache.
Am Ende hat sie perfekt sitzende Socken an- die so sitzen wie beim ersten Versuch auch. Nun gut, man hätte sich einige Zeit und Kraft sparen können. Aber was solls.
Ich bewundere sie für Ihr Verhalten. Nicht für das Geschrei. Für den Schritt auf mich zu. Ihren Wunsch nach Harmonie. Ihre Erklärung.
Sie ist toll. Ich bewundere sie. Das sage ich ihr auch.
Das alles erinnert mich sehr an die Situation mit dem Barbie-Pferd.
Ende gut. Alles gut.
Eure Chaos & Queen
Vielen Dank für das Foto an Meine Liebdinge!
5 comments
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Oh, ich kenne das so gut! Manchmal sind sie so „zwanghaft“, dass kein Weg drumherum führt. Das bringt mich manchmal ganz schön auf die Palme. Manchmal muss ich aber auch schmunzeln, weil es schön ist, zu sehen, wie sehr sie für sich und ihre Ideen einstehen. Was mir dabei am meisten schwer fällt, ist das umschalten zurück auf „normal“. Wenn wir derart aneinander geraten und das Kind plötzlich wieder umswitched auf lieb und freundlich und ich noch in meiner Verärgerung gefangen bin. Da kann ich noch viel von meinen Kindern lernen.
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Schäner Artikel.
Ubd stark von der Maus. Dass sie sich beruhigen kann und dann den Schritt auf dich zu geht, versucht sich zu erklären und wie du schon sagst, wieder eine Harmonie herzustellen – gleichzeitig aber ihren Standpunkt und ihre Sicht des Konflikts kommunziert. Wie eine Grosse. … bzw. Ich glaub da kann sogar ich mich von ihr lernen. :-) ist doch wichtig und gut für eine starke persönlichkeit, dass man seine Meinung auch mitteilt und vertritt und nicht hinten anstellt….. auch wenn es „nur“ um Socken geht :-D
Das ist so süß und wirklich toll von ihr!