Manchmal frage ich mich, wie das eigentlich war. Damals. Also, ich meine damals, ohne Kind. Wie hat sich das angefühlt, Verantwortung nur für sich selbst zu haben? Den Tag zu Hause auf dem Sofa zu gammeln und sich nicht einmal schlecht dabei zu fühlen? Wie war das, morgens um 6 betrunken von einer Party zu kommen und so lange zu schlafen, wie man nur wollte. Oder einfach den ganzen Tag gar nicht mehr aus dem Bett zu kommen.
Manchmal frage ich mich das. Aber tatsächlich war es bei uns so:
Als das Chaosmädchen unterwegs war, kurz vor der Entbindung, saßen der Chaosmann und ich zusammen auf dem Sofa. Unsere Augen wanderten durch das Wohnzimmer. Das aufgeräumte Wohnzimmer. Ein Wohnzimmer ohne Kinderspielzeug und Unordnung. Stattdessen mit Deko. Ja, tatsächlich hatten wir Deko. Natürlich nicht kindgerecht. Hübsche Kerzenständer auf dem Fußboden und sowas. Der Stubenwagen stand schon bereit. Ich schaute den Chaosmann an und fragte: „Kannst Du Dir vorstellen, dass da bald ein Baby drin liegt? Unser Baby?“ Aber das konnten wir wohl beide nicht. Und meine Fragen im Kopf drehten sich weiter: Wie wird das wohl sein, wenn man Verantwortung hat? Verantwortung für ein eigens geschaffenes, winziges kleines Menschlein. Ein unschuldiges Wesen, das auf uns angewiesen ist? Wie wird es sein, nie mehr wirklich alleine zu sein und immer diesen neuen Mensch in seinem Leben zu haben? Aber noch viel wichtiger. Ihn in seinem Herzen zu tragen?
Einige Mütter habe ich dazu gefragt: „Wie ist das denn, Mama zu sein? Wie sehr liebt man sein Kind?“. Eine richtige Antwort habe ich nie bekommen. Eher schwammige Aussagen wie, das könne man nicht beschreiben und müsse es selber erleben. Als werdende Mutter des ersten Kindes hat mir das nicht wirklich weiter geholfen. Aber auch heute könnte ich selbst es nicht besser beschreiben:
Ein Kind ist das größte Glück auf Erden, das man für immer in seinem Herzen trägt und für das man wirklich alles tun würde. Man liebt es bedingungslos. Aber das Merkwürdigste: Kaum war unser erstes Kind geboren, verschwand bei uns ein Stück weit die Erinnerung an das Leben davor. Es war, als wäre dieses Kind immer schon ein Teil unserer Familie gewesen, als wären wir immer schon jede Nacht für sie aufgestanden. Es war auf einmal unvorstellbar, dass es einmal anders war. Seltsam, sich nicht mehr nur um sich zu sorgen und zu kümmern. Stattdessen stand ganz plötzlich dieser Minimensch im Vordergrund des eigenen Lebens. Und so sollte es noch eine ganze Weile bleiben.
Sicher gibt es Tage, an denen man sich noch einmal zurück beamen möchte. In eine kinderlose Zeit. Mit anderen Sorgen und einem anderen Fokus. Alleine mit dem Partner. In den Tag hineinleben. Ohne volle Windeln, ohne diese mit Milchkotze bespuckten Shirts und Augenringen bis zum Hals.
Aber mal ehrlich: An einem kinderfreien Tag sind wir doch manchmal auch ganz schon überfordert. Ständig schaut man rechts oder links, bis man realisiert, dass man heute auf kein Kind aufpassen muss. Man sieht etwas, was das eigene Kind gefreut hätte und stellt es sich leibhaftig vor. Im schlimmsten Falle gibt man diese Freude sogar mit den Lauten des Kindes wieder.
Ich meine, als Eltern dreht man manchmal ganz schöndurch. Ich fand Eltern früher immer eine Spezies für sich. Heute sitze ich im selben Boot und weiss, dass es ohne regelmäßiges Durchdrehen für Eltern gar keine Überlebenschance gibt. Also bewahren wir uns den Humor und werden ab und zu selber noch mal Kind.
Denn, was Kinder uns schenken, schafft sonst niemand.
Heute stelle ich mir ähnliche Fragen zum zweiten Kind. Obwohl ich viele Antworten schon kenne:
Wie wird es sein, wenn hier zwei Kinder rumspringen? Werde ich beiden gerecht? Werde ich beide gleich stark lieben können? Wie soll das gehen?
Hier wird bald ein neuer Minimensch das Licht der Welt erblicken und in wenigen Wochen werde ich mich fragen: Wie war das noch mit nur einem Kind?Eure Chaos & Queen