Im Sommer habe ich meine Gedanken zur Einschulung des Chaosmädchens mitgeteilt. 2019 wird es so weit sein. Wir befinden uns auf der Zielgeraden. Das wurde mir beim heutigen Schulspiel bewusst.
Das Schulspiel
Heute fand für das Chaosmädchen das sogenannte Schulspiel statt. Ein spielerisches Kennenlernen zwischen Lehrern und Kindern. Für mich ein Testen des Kindes.
Das Chaosmädchen wurde zu diesem Schulspiel eingeladen, welches nicht die Anmeldung in der Schule ersetzt. Unsere Anmeldung haben wir übrigens erst im Dezember. Für das Schulspiel wurde betont, dass die Kinder von Erzieher oder Eltern gebracht werden, die Kinder das Schulspiel dann aber alleine zu absolvieren haben, während die Erwachsenen draußen warten.
Das alleine fand ich schon irgendwie befremdlich. Ich weiß, dass mein Kind größer wird und auch selbstständiger. Aber ich weiß auch, dass sie manchmal bei fremden Leuten sehr verschlossen ist. Was, wenn sie auf das ganze Schulspiel keine Lust hat?
Was genau uns dort erwartet wussten wir auch nicht, ebenso wenig wurde uns Eltern der genaue Hintergrund erklärt. Natürlich kann man sich Einiges denken, dennoch wünschte ich, man würde diesbezüglich besser aufklären.
Das Chaosmädchen hatte nur mäßig Lust, Mama zu berichten, was beim Schulspiel so alles gemacht wurde. Ein wenig konnte ich aus ihr herauslocken. So musste sie Ihren Namen in Druckbuchstaben schreiben, einen Ball werfen und fangen, ein Herz ausschneiden, einen Stern ausmalen und Silben klatschen.
Der Sinn des Schulspiels
Nun habe ich ein Kind, das es liebt zu schreiben und zu lesen und absolut wissbegierig und vielseitig ist. Was aber, wenn Kinder zu diesem Zeitpunkt noch nicht ihren Namen schreiben können, weil es sie einfach noch nicht interessiert? Schließlich kommen sie doch in die Schule, um genau das zu lernen, oder?
Was, wenn mein Kind keine Ballsportarten mag und werfen und fangen einfach nicht zu seinen Stärken gehört? Oder wenn mein Kind nicht gerne kreativ ist und weder gerne malt noch schneidet?
Dann was?
Was ich wiederum verstehe ist die Erklärung, dass „Defizite“ bei Kindern frühzeitig erkannt werden sollen. Zum Beispiel in der sprachlichen oder der motorischen Entwicklung. Das ist schon richtig und irgendwie auch vernünftig. Ich verstehe auch, dass Schulen frühzeitig planen müssen und man nicht bis kurz vor Schulstart damit warten kann. Und doch haben die Kinder noch fast ein Jahr Zeit. Ein Jahr, in dem viel passiert.
Kinder auf dem Prüfstand
Unsere Kinder stehen im Jahr vor der Einschulung unter ständiger Prüfung. Dabei sind sie doch ganz eigentlich noch Kindergartenkinder. Es kommt das Schulspiel, die amtsärztliche Untersuchung und zusätzlich gibt es ja auch noch die U- Untersuchung beim Arzt. Ist das nicht ein wenig viel?
Unsere Kinder werden getestet. Gemessen. Verglichen.
Was genau ist da eigentlich „die Norm“?
Glücklicherweise hat das Chaosmädchen sich auf den heutigen Tag total gefreut. Sie fühlte sich nicht unter Druck gesetzt, obwohl sie wusste, dass sie in gewisser Weise getestet wird. Wir haben sie darauf vorbereitet, in dem wir erklärt haben, was dort in etwa passiert. Ich habe ihr erklärt, dass sie nichts machen muss, was sie nicht möchte und auch, dass es nicht schlimm ist, wenn sie Dinge (noch) nicht kann. Ich habe ihr die Angst genommen zu versagen und auch die Angst, nicht eingeschult zu werden.
Bei uns ist es so, dass nicht alle Kinder auf Ihre Wunschschule gehen können, weil die Nachfrage einfach oft größer ist, als die Anzahl der Plätze. Und trotz aller Erklärungen zum Schulspiel schleicht sich u.a. deshalb ein Gefühl von möglicher Selektion ein. Eine Vorauswahl. Ein Zusammenstellen der Klassen nach verschiedensten Aspekten.
Das System
Es ist nicht nur das oben beschriebene System, was mich stört. Es ist auch die Tatsache, dass es in Deutschland nicht überall gleich abläuft. Warum gibt es keine einheitliche Lösung? Warum weichen sogar in einer (unserer) Stadt die Abläufe in Sachen Einschulung dermaßen ab.
In einem Stadtteil wird die Anmeldung mit dem Schulspiel zusammen durchgeführt. Dabei dauerte das Schulspiel ganze 10 Minuten. Bei uns hingegen dauerte es 45 Minuten und wird an einem separaten Termin durchgeführt. Selbst die Sache mit der Anmeldung weit vor dem Schulspiel ist in den einzelnen Stadtteilen völlig unterschiedlich. Wie kommt das?
Vorbereitung auf die Schule
Ich weiß, dass die Meinungen zu dem Thema weit auseinander gehen. Einige Stimmen habe ich schon gehört, die sagen, dass es uns alle eigentlich auch nur auf die Gegebenheiten in der Schule vorbereitet. Da wird es auch nicht leicht. Auch da werden die Kinder unter ständigem Druck stehen. Druck, Ziele zu erreichen, Druck mit zu halten, dazu zu gehören. Es wird ein Benotungssystem geben und sie werden bewertet. Etwas, das wir gerne vermeiden. Weil Kinder einfach alle unterschiedlich sind.
Die Kinder werden gemessen
Via Instagram und auch privat habe ich viele, viele Rückmeldungen zu dem Thema bekommen. Vielen Dank dafür! Auch das hat mich veranlasst, darüber zu schreiben. Eure Meinungen sind sehr gemischt und regen mich an, zu hinterfragen, zu reflektieren und in manchen Punkten auch anzunehmen.
Es ist richtig: Das mit dem Werten ist nicht neu. Schließlich werden unsere Kinder bereits im Kindergarten bewertet, gemessen und im schlimmsten Fall in Schubladen einsortiert. Das Thema trifft mich auch nicht überraschend, der Vorgang war mir bekannt. In den letzten Tagen und vor allem heute habe ich mir aber einfach viele Gedanken zum Thema gemacht. Ein Grund für mich, diese Gedanken mit Euch zu teilen.
Mich interessiert brennend, wie ihr das Schulspiel findet und wie es bei Euch abläuft mit der Einschulung. Ich freue mich sehr über Rückmeldungen und Meinungen zum Thema.
9 comments
Wir haben heute die Anmeldeformulare für unseren Sohn bekommen. Darin ist auch ein Hinweis auf einen persönlichen Kennenlern-Termin an der Schule genannt. Ich vermute, dass es sich dabei um das Schulspiel handelt. Ich merke, dass ich sehr gemischte, tendenziell eher negative Gefühle entwickele. Was soll man in den 15-45 Minuten bei einem Kind feststellen, was nicht auch der Amtsarzt in der Eingangsuntersuchung feststellen würde? „wirkliche“ gesundheitliche Probleme, welche die Schulfähigkeit beeinträchtigen könnten, werden doch durch den Amtsarzt entdeckt. Von daher beschleicht mich das ungute Gefühl, dass es beim Schulspiel um Kategorisierung geht. Welches Kind entspricht voll oder weniger der Norm? Und das fände ich wiederum erschreckend. Denn es ist doch allseits bekannt, wie groß das Entwicklungsspektrum in dem Alter ist. Möglicherweise wird also ein Kind, das bis dato keine Lust auf Malen und Basteln hatte, in eine Schublade „feinmotorische Defizite“ gesteckt und beginnt ein Jahr drauf schon mit einer Bürde seine Schullaufbahn. Oder das Kind wird zur Ergotherapie geschickt. So geschehen bei dem Sohn einer Freundin. Ein pfiffiges, aufgewecktes Kerlchen, das bislang einfach lieber Fussball spielte statt zu malen, bei dem das Mal-Interesse dann wenige Monate vor der Einschulung aber ganz von allein und ohne Therapie einsetzte.
Vielleicht sehe ich das auch alles zu eng. Keine Ahnung.
Hallo Julia, ich kann Dich wirklich sehr gut verstehen. Man bekommt im Vorschuljahr das Gefühl, dass das Kind ständigen Prüfungen unterzogen wird. Das macht traurig und ich habe den Sinn bis jetzt nicht verstanden. Ich hoffe, dass ihr zurecht kommt und Euer Kind gesehen wird, wie es ist. <3
Ehrlich gesagt fand ich das „Schulspiel“ völlig undramatisch. Eine Gelegenheit für die Kinder, die Schule und die Lehrer kennenzulernen. Auch die U-Untersuchung und die amtsärztliche Untersuchung finde ich unproblematisch – da geht es doch nicht darum, die Kinder zu testen oder so, sondern eher darum, zu sehen, ob das Kind eine Brille braucht, ob es gut hört – Sachen, die man zu Hause vielleicht gar nicht so mitkriegt. Wenn das Kind beim Schulspiel keinen Ball fangen oder nicht ausschneiden kann, dann ist das eben so. Wird es schon noch lernen. Mein Tipp wäre, da als Eltern vor den Kindern möglichst kein großes Ding draus zu machen, auch vor den Kindern keine Bedenken zu äußern. Und dass die Kinder in der Grundschule unter „ständigem Druck stehen“, kann ich von meinen älteren Kindern auch nicht bestätigen, und meine Kinder sind vom Intellekt her wirklich ganz normaler Durchschnitt, nicht übermäßig schlau oder so. Der Grundschulstoff ist eigentlich wirklich leicht. Druck machen eher die Eltern, für die nur eine Gymnasialempfehlung akzeptabel ist und die das schon im Elternabend der 11. Klasse zum Thema machen (haben wir so erlebt).
Also, eure Kinder werden bestimmt alles gut schaffen! Das Schulspiel, die U-Untersuchtug, den Schularzt. und die Grudnschule dann auch. In der Grundschule kann man viele nette Kinder kennenlernen, viel spielen, es wird viel gesungen, gemalt – und keineswegs nur Druck gemacht oder verglichen. Oft ist das eher ein Problem von den Eltern.
Danke für Deinen langen Kommentar. Schön zu lesen, dass Du das anders wahrnimmst. Ich bin auch sicher, dass das Chaosmädchen es gut meistern wird. Und ich sehe uns nicht als Eltern, die Druck ausüben. Ich denke auch, dass es immer mit den Lehrern und Zuständigen zusammenhängt, ob die ganze Abwicklung „gut“ läuft oder Kind und Eltern ein komisches BAuchgefühl macht. Vielen Dank für Deine Worte. Gut, es noch mal aus anderer Perspektive zu sehen.
Schulspiel
Hallo Jule,
Ich war mal an einer Schule eingesetzt, wo auch ein Schulspiel gemacht wurde. Mir wurde es so erklärt, dass geguckt werden soll, in welchen Bereichen die Kinder stärker und in welchen die schwächer sind, damit dies bei der Zusammensetzung der Klassen berücksichtigt werden kann. Da spielt auch das Alter, ob Junge oder Mädchen, mit oder ohne Migrationshintergrund mit rein.
Ziel ist es, dass man eine möglichst passende Klassenkonstellation hinbekommt.
Klar ändern sich die Fähigkeiten bis zum Schulstart noch, aber wenn bei einem Kind zb sehr starke Schwächen feststellt werden, hat man es beim Schulstart natürlich mehr im Blick und kann ggf. frühzeitig eine Förderbedarf feststellen. Das zu beantragen geht halt nicht von jetzt auf gleich.
Hoffe, dass hilft als Info etwas weiter.
LG Stephi
Hallo 🙂 Ich kann alles von Dir Gesagte zu 100% unterschreiben. Es hat wirklich was von einem Prüfstand…Ich finde das in NRW auch besonders ausgeprägt. In Rheinland-Pfalz, wo wir jetzt wohnen, ist es um Einiges entspannter. Wir haben mit unserem großen Sohn (jetzt 11) das Schulsystem in Köln bis Ende 3. Klasse durch. Er konnte auch mit 5 seinen Namen nicht schreiben, was ein mittlerer Skandal war 🤣 Und dieser ganze Druck im Vorfeld der Schule, damit die Kinder dann nach der Schreiben nach Gehör-Methode unterrichtet werden; für mich eine Methode ohne System, Sinn und Verstand! Was ich auch nie verstehen werde: Warum werden solch wichtigen Dinge wie z.B. Einschulungszeitpunkt o.ä. zur Ländersache gemacht? Während ein Kind in dem einen Bundesland mit 5 eingeschult wird, hätte es in einem anderen noch fast bis zum 7. Geburtstag Zeit… Euch auf jeden Fall eine schöne Vorschulzeit!
Hallo,
unsere Tochter wird auch 2019 eingeschult. Aktuell gibt es mit der Grundschule vor Ort eine Kooperation. Da kommt die Lehrerin 1x im Monat und lernt die Kinder etwas kennen. Sie schauen sich die Schule etc an. Die Einschulungsuntersuchung und die Anmeldung finden hier erst im Frühjahr statt. April/Mai. Ob das Kind schulreif ist, wird hier also erst deutlich später entschieden.
Liebe Grüße aus Baden-Württemberg
Ein Schulspiel gibt es hier nicht. Beim Anmeldetag hingegen Gene die Kinder mit einer Lehrerin in einen Raum und machen ein paar einfach Aufgaben. Ein paar Fragen beantworten, wie man heißt, wo man wohnt, wie alt man ist, was malen, was ausschneiden, zu einem Bild etwas sagen. Und dann gibt es noch eine Schnupperstunde in der zukünftigen Klasse irgendwann vor den Sommerferien.
Das Sirenchen wäre ohne mich weder mit der Lehrerin gegangen und hätte ohne mich auch die Aufgaben nicht mit gemacht. Und zur Schnupperstunde musste ich sie auch in die Klasse begleiten. Sie brach in Tränen aus, als sie hörte, sie solle ohne mich gehen.
Zum Glück war das gar kein Problem seitens der Schule, dass ich dabei war. Ich habe zwar selbst gedacht, wie das dann werden soll, wenn die Schule los geht. Aber auch da war das letzte Vorschuljahr eindeutig ein großer Entwicklungsschritt. Jetzt geht das Sirenchen problemlos und gerne von Anfang an zur Schule. Diese „Tests“ vor dem Schulstart sagen eigentlich nicht wirklich viel aus.
Entscheidend ist die Klassenleitung, der Schulstart generell und ein schnelles Einleben und Wohlfühlen.. Dann erst lernt man ein Kind wirklich kennen und dann erst zeigt ein Kind was es wirklich kann. Und daran kann man dann anknüpfen.
Zumal wir alle wissen: Wenn die Chemie zu einer Person nicht stimmt, verhalten wir uns dort anders, als bei einer Person, die wir mögen.
Was man allerdings positiv benennen kann: Was auch immer sich das System von den Schnupperstunden oder dem Schulspiel oder den „Tests“ verspricht, die Kinder waren dann immerhin schon mal vor Ort, haben ein bisschen gesehen was man da so macht und sind selbst gedanklich ein bisschen vorbereitet auf das Thema Schule. „Da war ich schon mal. Da sieht es so und so aus. Und die Lehrer waren auch alle ganz nett.“
LG Beatrice
Chaosqwern du hast recht… es ist bedaierlich dass die kinder schon von klein auf in schubladen gesteckt werden. Doch nicht immer nur von anderen kindern. Meist eh nur von den Eltern.
Die Erwachsenen sind es doch, die sich meist anmaßen alles in vollendeter perfektion zu wissen.
Korrigiere; Dumme erwachsene, die nie gelernt haben dinge zu reflektieren, sind das problem.
Und von ihnen gibt es zuviel.
Noch immer.
Und das und nichts anderes wird unsere Nachkommen zerstören.
Das gegenseitige Pauschale Beurteilen und messen….
Was für ein dummer und geradezu Menschlicher Fehler.