In den letzten Tagen beschäftige ich mich viel mit dem Thema Erziehung und der Frage, was richtig und falsch ist. In meinen Augen gibt es nicht immer richtig und falsch, daher suche ich den für mich und meine Kinder passenden Weg. Ich setze mich mit Ihrem Wesen, Ihrer Persönlichkeit und Ihrer Entwicklung auseinander. Zu diesem Themenbereich werdet ihr in den nächsten Tagen und Wochen sicher einige Texte bei mir lesen.
Schuldig – der Ehrgeiz der Mutter
Ich muss ja zugeben, im Falle „Ehrgeiz“ bekenne ich mich schuldig. Den Ehrgeiz hat das Chaosmädchen vermutlich von mir. Nur bin ich erwachsen und kann mit dem Ehrgeiz, meiner Zielsetzung und auch dem damit verbundenen Frust anders umgehen.
Dass das Chaosmädchen ehrgeizig ist, das wusste ich. WIE ehrgeizig sie ist, das wurde mir spätestens letzten Sommer klar, als sie zwei Wochen vor Ihrem dritten Geburtstag Fahrrad fahren konnte. „Lass mich los!“ Ich traute meinen Ohren nicht, aber kurze Zeit später sagte sie „Siehst Du, ich kann das schon alleine!“. Am kommenden Tag verbrachte sie mehrere Stunden in unserem Wendehammer und übte, alleine anzufahren. Ich bat sie, eine Pause zu machen. Die Freundinnen spielten. Ohne sie. Sie wollte nicht. Immer wieder sagte sie „Ich übe das jetzt. Ich will das alleine können.“ Einige Stunden später rief sie „Mamaaaa guck mal, ich kann jetzt ganz alleine anfahren!“. Und schwupps, war mein Mädchen wieder ein Stück selbstständiger. Ihr Ehrgeiz wurde belohnt.
Grenzen setzen
In wie weit muss man einem ehrgeizigen Kind Grenzen setzen? Einen gesunden Ehrgeiz finde ich toll, damit kann man sicher Einiges erreichen. Aber mit diesem Ehrgeiz fällt man natürlich tiefer, wenn gesetzte Ziele nicht erreicht werden.
Das Chaosmädchen ist drei Jahre alt. Sie möchte am Liebsten schon schreiben können. Vor einigen Tagen schrieb ich einen Einkaufszettel. Sie wollte auch mit schreiben. Ich gab ihr Zettel und Stift und dachte, sie wollte kritzeln. „Nein Mama, ich will richtig schreiben!“. Ich erklärte ihr, dass sie ja noch nicht alle Buchstaben kennt und demnach auch nicht alles schreiben kann. Sie wollte, dass ich ihr vorschreibe und sie nachschreibt. Also schrieb ich QUARK. Das Chaosmädchen versuchte es mehrfach. Ich fand es toll, wie sie das machte, aber sie war nicht zufrieden. Dabei konnte ich es wirklich lesen. Ich war beeindruckt. Sie war frustriert. Ihr Anspruch an sich selbst ist einfach sehr sehr hoch.
Ehrgeiz bei Kindern
Das Chaosmädchen wird jetzt in die Sonnengruppe zu „den Großen“ wechseln. Dort gibt es neue Spiele und Lernmöglichkeiten, unter anderem auch das Lernen der Buchstaben und Zahlen. Alles auf freiwilliger Basis, denn der Kindergarten soll spielend fördern und keinen Schulcharakter haben.
Ich habe momentan Sorge, dass Tilda zu schnell und zu viel lernt. Diese Angst liegt unter Anderem darin begründet, dass sie in der Nachbarschaft ausschließlich mit größeren Kindern spielt. Dementsprechend ist ihr Wissensdurst extrem groß. Sie ist aber erst drei Jahre alt und muss so viele Dinge in meinen Augen noch gar nicht können. Sie schreibt ihren Namen, mal richtig (TILDA), mal falsch (TILAD). Wenn sie sich ärgert, erkläre ich ihr, wie toll sie das schon macht und helfe ihr, wenn sie weiter üben möchte.
Ich suchte mir Rat bei den Erziehern, die mir erklärten, dass man die Kinder fördern soll, wenn sie dies einfordern. Wenn sie ihre Fehler nicht bemerkt, solle ich sie nicht darauf aufmerksam machen, sagte die Erzieherin.
Ähnlich ist es mit dem Schleifebinden. Das Chaosmädchen besitzt keine Schnürschuhe. Allerdings diverse Kleider mit Bändel, die man binden kann. Des Öfteren möchte sie nun das Schleifebinden lernen. Sie möchte, aber gleichzeitig ist der Anspruch an sich selber so hoch, dass es schnell zu Frustration führt. Auch das muss sie lernen erklärte man mir. Und wir Eltern auch. Denn es ist gar nicht so einfach, mit einem so ehrgeizigen und zugleich oft so frustriertem Kind.
Was kann ich tun?
Ich werde versuchen, mein Chaosmädchen zu unterstützen. Ich werde ihr helfen, das zu lernen, was sie sich vornimmt und sie nicht ausbremsen. Ich werde ihr helfen zu üben und werde sie gleichzeitig im Umgang mit Ihrer Frustration stärken. Soweit es mir möglich ist.
So anstrengend ich es manchmal finde, so sehr liebe ich diese Eigenschaft an ihr. Sie weiß, was sie will und sie hat den Willen und die Kraft sich durchzubeißen. Ich hoffe, mein Chaosmädchen, dass Du Deinen Weg gehst und Dir immer ein Stück dieses Ehrgeizes behälst.
Wie ehrgeizig sind Eure Kinder? Wie geht ihr damit um?
7 comments
[…] Daneben das Chaosmädchen. Aktuell in einer schwierigen Phase. Oft wütend und tobend, weil wir Eltern nichts richtig machen. Nicht einfach zu handeln. Nicht so einfach wie ihre kleine Schwester. Dabei aber so klug und wortgewandt. Zickig und zugleich so überlegt. Harmoniebedürftig und ehrgeizig. […]
[…] erstmal sortieren. Sie machte es -zu meinem Erstaunen- sehr souverän und war wie gehabt extrem ehrgeizig. Da zunächst keine Lernhilfen verfügbar waren, drehte das Chaosmädchen die ersten zwei Runden an […]
[…] erstmal sortieren. Sie machte es -zu meinem Erstaunen- sehr souverän und war wie gehabt extrem ehrgeizig. Da zunächst keine Lernhilfen verfügbar waren, drehte das Chaosmädchen die ersten zwei Runden an […]
[…] aus und kann das auch eine Weile durchhalten. Sie erinnert mich sehr an das Chaosmädchen und deren Ehrgeiz. Ich bin gespannt, was da noch […]
[…] Tatsache, dass Kinder mit 4 Jahren einen Schwimmkurs besuchen für Diskussionen sorgt. Über den Ehrgeiz meines Kindes habe ich Euch bereits berichtet. Viele Kinder, die das Chaosmädchen kennt können bereits […]
[…] manchmal am Rande der Verzweiflung, weil ich einfach nicht weiter weiß. In Deiner Wut und Deinem Ehrgeiz schaffe ich es meist, Dich zu unterstützen. Ich spreche Dir Mut zu und sage Dir, wie gut Du bist. […]
Ha, das kenne ich so gut! Ersetze Chaosmädchen durch Silje und Du hast mein Kind… Sie hat auch diesen wahnsinnigen Ehrgeiz, und der hat sie auch schon sehr weit gebracht. Sie konnte die Geburtstagskarten zu ihrem 4. Geburtstag selber lesen, kurze Zeit später schrieb sie ihre ersten eigenen Geschichten. In der Mitte der ersten Klasse ist sie in die zweite hochgesprungen, und nun kriegt sie 90% der Schulzeit Extraaufgaben, weil sie mit dem Stoff schon wieder ein Jahr voraus ist und wir nicht wollen, dass sie noch eine Klasse überspringt. Aber die Schattenseiten kennen wir auch: totale Entrüstung und Wutausbrüche, wenn mal etwas nicht wie erwartet perfekt klappt oder andere etwas besser können. Aber es bessert sich: jetzt mit 8 geht sie (manchmal ;-) ) schon gelassener an die Sachen ran und kann auch mal Dinge loslassen, wenn sie nicht so wichtig sind. Und mittlerweile hat sie ein – gewisses – Selbstvertrauen entwickelt, dass sie die Dinge schon hinbekommen wird, auch wenn es nicht so schnell klappt wie erhofft.
Ist halt ein Lernprozess, auch für uns Eltern. Denn manchmal könnte man selber verzweifeln und möchte man es ihr irgendwie eintrichtern können: Du bist supergut in dem, was Du tust! Du musst nicht IMMER und in ALLEM perfekt sein. ;-)