Immer wieder begegne ich dem Hashtag #workingmom. Vermutlich habe ich ihn selber schon benutzt. Eigentlich ist mal ja als Mutter auch irgendwie immer Working Mom. Ob nun mit Job oder ohne. Denn zu tun hat man immer. Nun bin ich aber aktuell als Mutter auf Jobsuche. Das habe ich schon nach dem Chaosmädchen durchgemacht. Fast hatte ich vergessen, wie anstrengend es ist, einen Job zu suchen. In Teilzeit. Als Mutter.
Als Mutter auf Jobsuche
Nach dem Chaosmädchen konnte ich nicht wie geplant in den alten Job zurück. Der Arbeitgeber und ich konnten uns nicht einigen, was das Arbeitspensum und die Aufteilung angeht. Tatsächlich wollte ich mehr arbeiten als der Arbeitgeber das gerne gesehen hätte. Deshalb haben wir uns getrennt. Dabei war ich wirklich gerne dort und habe diese Arbeit über 6 Jahre mit vollem Einsatz gemacht.
Ich suchte über ein Jahr lang nach einem neuen Job. Und glaubt mir, irgendwann war ich nicht mehr besonders wählerisch. Kurz vor Ablauf des Arbeitslosengeldes und damit kurz vor dem Hartz IV Antrag, habe ich eine Stelle gefunden. Sie war nicht ganz das, was ich suchte aber hey, es war ein Job. Und ich war sehr glücklich und erleichtert, als ich die Zusage bekam. Eine Arbeit, die mir monatliches Einkommen sicherte. Sie brachte mir einen geregelten Arbeitsalltag, zusätzliche Berufserfahrung und damit einen weiteren wichtigen Punkt in meinem Werdegang. Der Vertrag war leider befristet und lief zum Mutterschutz aus.
Leere Versprechen
Während der Jobsuche habe ich mittlerweile so Einiges erlebt. Auch einige leere Versprechen. Es hieß „Melden Sie sich gerne nach der Elternzeit, wir nehmen Sie mit Kusshand zurück“. Das habe ich getan. Allerdings hat sich das Unternehmen verändert. Es wurde umstrukturiert und die damaligen Entscheidungsträger gibt es heute nicht mehr. Meine offizielle Bewerbung wurde abgelehnt. Wie so oft ohne Begründung. Pech gehabt. Auf solche Aussagen kann man sich nicht verlassen.
Ein anderes Unternehmen sagte im Vorstellungsgespräch, wie begeistert Sie von mir sind. Mein Werdegang, meine Ausbildung meine Persönlichkeit passen super ins Unternehmen. Und deshalb „werden wir auf jeden Fall eine Möglichkeit finden, sie anzustellen.“ Ich hab mich so sehr gefreut und bin erhobenen Hauptes nach Hause gefahren. Mit der Sicherheit eines Jobs. Zwei Wochen später -auf meine Nachfrage- wurde mir erklärt, dass hier der Entscheidungsträger leider anders entschieden hat. Die Stelle wird nicht von mir besetzt. Bis dato war ich allerdings davon ausgegangen, dass ich dem Entscheidungsträger beim Gespräch gegenüber saß. Niemand hatte mir erklärt, dass noch eine weitere Meinung eingeholt werden muss.
Viele, viele Unternehmen melden sich auch einfach gar nicht zurück. Weder auf schriftliche Bewerbungen noch nach Vorstellungsgesprächen.
Unternehmen haben die Macht
Den Bewerbern gegenüber finde ich dieses Verhalten absolut ungerecht. Erwartet man doch von uns ständig Spontanität, Flexibilität und ein professionelles Auftreten. Schade, dass die potentiellen Arbeitgeber das im Gegenzug nicht machen.
Der Bewerber muss immer parat stehen, pünktlich. Bei einem Gespräch war ich wie gewöhnlich kurz vor der abgesprochenen Uhrzeit vor Ort. Da kam tatsächlich mein Ansprechpartner und sagte „Ich bin gleich für Sie da, ich gehe mir nur noch schnell eine rauchen!“. Am liebsten wäre ich gegangen. Kann ich mir aber nicht leisten. Ich finde das respektlos. Aber so ist es. Die Unternehmen haben die Macht.
In der vergangenen Woche hatte ich ebenfalls ein Vorstellungsgespräch. Es sollte spontan stattfinden, weshalb ich ein wenig Stress bekam, meine Termine und die Miniqueen zu organisieren. Als „guter“ Bewerber sagte ich zu. Es gab eine von-bis Uhrzeit und es wurde vereinbart, dass ich vorab kurz anrufe, wenn ich mich auf den Weg mache. Ich lag trotz eines stressigen Vormittags gut in der Zeit. Ich griff also zum Hörer, rief beim Unternehmen an und sagte „Ich fahre jetzt los und wäre dann wie vereinbart um 10.30 Uhr bei Ihnen“. Da entgegnete mir der Gesprächspartner „Das geht jetzt nicht!“. Wisst ihr Unternehmen eigentlich, wie sich sowas anfühlt? Und es war nicht das erste Mal, dass ich mir dezent verarscht vorkomme. Angeblich war er auf dem Sprung zu einem Kunden und „Kunde geht vor“. Das mag sein und dem setzte ich auch nichts entgegen. Aber Entschuldigung, wir hatten einen Termin und den kann man bitteschön auch absagen.
Die Bezahlung
Gleiches gilt für die Bezahlung. Da habe ich natürlich eine Vorstellung. Nicht, um meine Kosten zu decken. Nein. Einfach deshalb, weil ich weiß, was ich kann. Ich bin von mir überzeugt. Mit fast 40 Jahren habe ich Berufserfahrung gesammelt und auch ein wenig an Lebenserfahrung. Viele Unternehmen sagen „An das Gehalt kommen wir nicht dran. Das ist viel zu hoch“. Ich finde es angemessen und staunte nicht schlecht, als eine Firma mir neulich mehr Geld bot als ich verlangte. So falsch scheine ich also gar nicht zu liegen mit meinen Vorstellungen.
Ich finde es okay, dass Bewerber investieren. Es kostet Zeit und Nerven, eine neue Arbeit zu suchen. Auch die Idee des Hospitierens finde ich super. So kann nicht nur das Unternehmen einen Einblick bekommen, was für ein Mensch hinter der Bewerbung steckt, sondern auch ich als Bewerber kann mir das Unternehmen ansehen. Aber ich gebe zu, dass es meine Nerven strapaziert, dieses ganze Verfahren. Vorstellungsgespräche, Bewerbungen, Hospitationen. Und nach all der Bemühung ständige Absagen.
Der Wunsch nach Arbeit
Immer wieder höre ich von Menschen, die sich auf dem Arbeitslosengeld oder Hartz IV ausruhen. Leute, die gar nicht arbeiten möchten. Zu diesen zähle ich nicht. Ich bin absolut arbeitswillig.
Es ist nicht so, als habe ich zu Hause Langeweile. Im Gegenteil. Sicher hat man immer etwas zu tun. Und sich um die Kinder zu kümmern ist auch mehr als ein Nebenjob. Aber wir sind schlichtweg auch auf das Geld angewiesen. Wir können nicht von einem Einkommen leben.
Ich habe immer schon gerne gearbeitet. Meine Kollegen hatten immer Spaß mit mir. Ich kann arbeiten und bin gut in dem, was ich mache. Natürlich bin ich eine Mama und habe zwei Kinder. Natürlich falle auch ich mal aus, wenn die Kinder krank sind. Aber liebe Arbeitgeber, ihr müsst ein wenig aufwachen. Umdenken. Mittlerweile gehen die Männer in Elternzeit. Das Risiko einen Mann einzustellen ist mindestens genauso groß. Auch Männer können mit kranken Kindern zu Hause bleiben. Warum herrscht in vielen Unternehmerköpfen immer noch die klassische Rollenverteilung?
Ich sehe das vor allen Dingen auch so: Seitdem ich Kinder habe bin ich viel stressresistenter. Es reden drei Personen gleichzeitig mit mir und fordern. Während das passiert arbeite ich oft einen Wunsch nach dem anderen ab. Ich nehme auf, was man mir sagt. Ich kann das. Organisieren und Planen. Den Überblick behalten. Nicht nur in meiner Familie. Mütter haben sich an wenig Schlaf gewöhnt. Sie sind leistungsfähig. Manche brauchen einen Kaffee oder zwei. Aber wenn das alles ist, was ein Unternehmen leisten muss, damit der Arbeitnehmer funktioniert.
Selbstzweifel
Ich habe Gott sei Dank ein ziemlich gutes Ego und weiß, was ich kann. Abitur habe ich auch. Dennoch schleichen sich so ab und an kleine Zweifel in meinen Kopf. Ich meine, wie oft bin ich in den letzten 8 Monaten nach Hause gekommen von einem total guten und vielversprechenden Vorstellungsgespräch. Wie oft daraus was geworden ist wisst ihr ja. Genau Null mal. Es frustriert und macht ein wenig traurig. Dass ich den Unternehmen nicht genüge. Oder nicht zu Ihnen passe. Aber vielleicht schaffe ich es im Gespräch auch nicht, mich gut genug zu präsentieren? Dabei bin ich immer erhobenen Hauptes, gut vorbereitet und weiß, was ich sage und bin wie ich bin. Daran ist doch nichts falsch. Oder doch?
Hey ihr potentiellen Arbeitgeber, gebt mir eine Chance. Ich hab es echt verdient und enttäusche Euch nicht.
Kennt ihr diese Gefühle und Sorgen auch?
Eure
Chaos & Queen
4 comments
Liebe Jule, ich bin gerade auf seinen Blog gestoßen. Ich kenne das so gut – auch ich habe nach beiden Elternzeit neue Jobs angetreten. Nach der ersten ging es nahtlos, weil über Kontakte von früher. Klang alles super, war dann aber eine Katastrophe, weil der AG sich nicht mehr an sämtliche Absprachen erinnern konnte/wollte und der Meinung war, dass man auch als Teilzeitkraft rund um die Uhr flexibel und bereit zu mehrtägigen spontanen Dienstreisen sein muss. Ich habe mich dann durchgebissen bis zur nächsten Elternzeit…
Nach der zweiten Elternzeit habe ich mehrere Monate gesucht, um dann einen sehr schlecht bezahlten Job anzunehmen. Aber nach vielen Absagen musste ich nehmen, was ich kriegen kann.
Nach zwei Jahren habe ich dann eine Stelle gefunden, bei der fast alles stimmt: inhaltlich interessant, anspruchsvoll, zeitlich relativ flexibel.
Was mir die ganze Zeit über am meisten zu schaffen gemacht hat, waren zwei Dinge:
Durch die Unzufriedenheit ohne bzw. mit dem Notfalljob war ich oft schlecht drauf, was sich aufs Familienleben ausgewirkt hat.
Was noch schlimmer war, waren die Geschichten von kinderlosen Vollzeit arbeitenden Bekannten: Das es ja so schwierig wäre, gute Leute zu finden, sämtliche Bewerber taugen nichts, woher gute Leute nehmen…? In solchen Momenten möchte man dann nur schreien: Dann gebt doch den qualifizierten, hoch motivieren Frauen eine Chance, die nach der Elternzeit auf Jobsuche sind! Aber nein, die offenen Stellen sind natürlich so wichtig, dass das keine „Teilzeit-Mama“ machen kann, die dann „mittags den Stift fallen lasst“, oder gar nicht da ist, weil die Kinder ja immer krank sind… Manchmal habe ich angefangen zu diskutieren, oft war aber mein Selbstwertgefühl so weit im Keller, dass ich mich das nicht getraut habe…
Ich freue mich sehr für dich, dass du einen neuen Job gefunden hast, und wünsche dir alles Gute!
Und ich freue mich wahnsinnig über einen so ausgiebigen Kommentar. Vielen Dank!
[…] Die Meisten von Euch wissen, dass meine Rückkehr in den Beruf einige Zeit auf sich hat warten lassen. Die Zeit der Arbeitslosigkeit, Maßnahmen der Agentur für Arbeit, Bewerbungen schreiben und Vorstellungsgespräche haben am Ende etwas an mir genagt. […]
Liebe Jule,
wie recht du doch hast! Mein Arbeitgeber will mir nach meiner zweijährigen Elternzeit kündigen – und das obwohl ich das dritte Jahr im Anschluss angemeldet habe.
Somit bin ich auch auf Suche…
Das Gefühl nicht mehr erwünscht zu sein, ist nicht einfach zu ertragen und kratzt am Ego. #staystrong
Ich drücke dir für die weitere Suche die Daumen und hoffe wir sehen uns bald mal wieder.
Liebe Grüße
Andrea