Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass jede Phase eines Kleinkindes wichtig ist. Für meine Kinder. Für Ihre Entwicklung. Für Ihre Persönlichkeit. Und trotzdem sind diese Phasen bei Kleinkindern meist unglaublich anstrengend. Für alle Beteiligten.
Die aktuelle Phase
Momentan befindet sich das Chaosmädchen mal wieder in einer dieser Phasen. Und wenn wir ehrlich sind, gehen diese oft fließend ineinander über. Für mein Empfinden dauern die Phasen auch eindeutig zu lange und ein paar elternfreundliche Ruhepausen dazwischen wären nicht schlecht.
Ich weiß gar nicht, was das aktuell für eine Phase ist. Gibt es Eltern, die das wirklich wissen? Wie dem auch sei, momentan ist es anstrengend. Oft habe ich bereits morgens um 7 die Nerven blank, ich bin gereizt und mein Geduldsfaden bereits mehrfach gerissen.
Wie schafft sie das?
Ja, wie schafft sie das? Ich weiß es auch nicht! Sie drückt die richten Knöpfe. Oft beginnt der Morgen damit, dass das Chaosmädchen mich anpampt. Unbegründet. Zumindest für mich. Und ein Morgenmuffel war sie eigentlich nie. Wenn mein Morgen so startet, wackelt das Fundament des Tages. Und das bevor er begonnen hat.
Sowieso habe ich als Mutter momentan das Gefühl, dass ich es dem Chaosmädchen gegenüber eigentlich nur falsch machen kann. Erinnert ihr Euch an diese Phase hier. Viele Verhaltensmuster wiederholen sich jetzt.
Leider habe ich immer noch keinen geeigneten Weg gefunden, damit umzugehen. Stattdessen treibt sie mich weiter in den Wahnsinn.
Nein!
Das Chaosmädchen akzeptiert nur extrem selten ein „Nein!“. Es ist egal, worum es geht. Das Wort „Nein!“ wird kaum akzeptiert. Ich weiß, dass jetzt schlaue Köpfe kommen und sagen, es würde helden, das Nein anders zu formulieren. Ich könnte mehr Ich-Botschaften senden.
Könnte ich. Versuche ich auch. Klappt aber nicht.
Und sorry, aber ein NEIN ist auch einfach mal ein NEIN. Wenn sie zum Beispiel gleich nach dem Aufstehen fragt, ob sie Schokolade haben kann:“Nein!“. Überraschen würde ich sie sicherlich, wenn ich es einfach mal erlaube. „Paradoxe Intervention“. Finde ich eine super Sache. Funktioniert aber eben auch nur ab und zu und nicht dauerhaft. Und es gibt eben einfach auch Dinge, die meinerseits nur mit einem „Nein“ beantwortet werden. Fertig.
Diskussionen
Das Chaosmädchen möchte immer und immer wieder mit uns diskutieren. Ständig. Vermutlich ist ihr auch dabei egal, worum es geht. Hauptsache sie diskutiert. Bei den Klamotten diskutiere ich ja in der Regel nur sehr selten. So ging sie erst kürzlich in Paw Patrol Leggings und einem pinken Minnie Mouse Tütü zum Kindergarten. Das hat mir an dem Tag eine Menge Nerven gespart, es einfach so zu nehmen wie es ist.
Diskussionen sind anstrengend. Manchmal machen sie mich nahezu verrückt. Und es gibt keinen Weg, sie zu beenden oder zu umgehen. Zumindest habe ich noch keinen gefunden. Ob es noch eine weitere Runde mit dem Fahrrad ist statt der abgesprochenen zwei Runden, oder es soll eine weitere Geschichte gelesen werden, eine weitere Folge Sandmann. Die Liste ist lang.
Ich habe das Gefühl, es ist einfach nie genug. Immer wieder gibt es trotz vorheriger Absprachen Auseinandersetzungen. Immer. Wieder.
Die große Schwester
Ich habe das Gefühl, dass das Chaosmädchen immer noch oder vielleicht sogar zunehmend mit dem Leben als große Schwester zu kämpfen hat. Sie liebt ihre Schwester abgöttisch, aber manchmal möchte sie uns alleine. Das kann ich verstehen. Also räume ich ihr nun mehr Exklusivzeit ein. An einem der letzten Wochenenden haben wir das Abendessen in als Picknick in ihr Zimmer verschoben. Nur sie und ich. Ein schönes Buch, ein Spiel, eine Kuschelecke.
Es war bereits später als sonst. Es gab eine zeitliche Absprache. Und dennoch: Es war einfach nicht genug. Es ist nie genug. Sie will mehr und mehr. Und ich kann das nicht leisten.
Sie möchte, dass wir abends in Ihrem Bett kuscheln. Das verstehe ich. Und das gebe ich ihr auch. Aber sie findet kein Ende. Es wird unentspannt.
Vereinbarungen und Absprachen werden nicht eingehalten. Wir geraten aneinander. Genau das, was ich vermeiden möchte. Diese Streitereien machen mich traurig. Gebe ich doch jeden Tag mein Bestes, Ihren Ansprüchen und meinen Ansprüchen gerecht zu werden. Es gibt Tage, an denen ich gefühlt ununterbrochen mit ihr streite. Ich möchte das nicht.
Mein Kind ist rastlos
Auch dieses Verhaltensmuster kehrt zurück. Kein ruhiges Sitzen, kein entspanntes Essen. Sie ist „fummelig“, kann sich nicht auf eine Sache konzentrieren. Wenn ich zum Beispiel gerade versuche, sie in eine Strumpfhose zu pressen, die sie sich ausgesucht hat, finde ich es kontraproduktiv, wenn sie neben mir auf dem Schreibtisch beginnt mit Stiften zu malen.
Läuft das Chaosmädchen durch unseren Flur, greift sie gerne unterwegs links und rechts Dinge, die dabei zu Boden fallen. Diese lässt sie liegen. Leistet sie mir beim Kochen in der Küche Gesellschaft, werden plötzlich ununterbrochen Schubladen und Schränke geöffnet und wieder geschlossen. Nicht geräuschlos.
Mein Kind ist nicht krank. Es ist eine Phase und die geht vorbei. Und so wichtig ich all die Phasen finde, so sehr sind sie anstrengend. Nicht nur für das Chaosmädchen sondern eben auch für mich. Für uns.
Auseinandersetzungen in der Kita
Bisher wurden Wutausbrüche, Geschrei und Streit nur zu Hause mit uns Eltern ausgetragen. Nun aber gab es das zum ersten Mal in der Kita.
Klar, steht ihr das zu. Aber die Erzieher waren sichtlich erstaunt, was unser Kind kann. Sie hat Erzieher angeschrien und später bitterlich geweint. Das war das erste Mal in Ihrer Kitakarriere, dass derartige Gefühle auch dort zum Tragen kommen.
Sie tut mir leid, weil ich merke, dass sie zu kämpfen hat. Mit Vielem. Die Schwester ist neu in der Kita, die Schulkinder haben die Kitagruppe verlassen. Mein Mädchen ist jetzt ein Vorschulkind. Die Mama arbeitet wieder. Alles ist im Umbruch.
Am Tag Ihres Kita- Wutausbruchs gab es bereits morgens einige Tränen. Sie wollte nicht in der Kita bleiben und startete den morgen mit „Ach Mama, Alles ist doof!“. Auf einmal waren Schuhe zu klein, die am Vortag noch passten, die Hose saß nicht richtig und auch sonst war einfach alles kacke. Mein großes Mädchen. Auch, wenn es anstrengend ist bin ich für Dich da. Ich begleite sie so gut es geht. Aber ich gerate an Grenzen. Dann, wenn ich nicht helfen kann.
Mein Mädchen
Ich hoffe sehr, dass diese Entwicklungssprünge Dir zu einer starken Persönlichkeit und einem wundervollen Charakter verhelfen. Ich weiß, dass es sich auszahlt, dass ich das aushalte. Dich begleite. Und ich wünsche, dass Du verzeihst, dass ich es ab und zu eben nicht kann. Das Aushalten. Dann, wenn ich mich fühle, als wäre ich mitten in einer Irrenanstalt. Um dann wiederum zu erkennen, dass das mein Leben ist.
Hand hoch wer das kennt! Welche Phase kommt danach?
6 comments
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Hallo Jule, meine Kinder sind ja noch nicht in dem Alter.. aber meine Schwägerin hat mit ihrem Sohn ähnliche Probleme (er ist ein Jahr älter als Tilda). Sie sagt, das einzige, was ihm hilft, ist knallhart durchgezogene Konsequenz. Es beruhigt ihn, wenn „nicht mehr dran gerüttelt werden kann“, alles andere führt zu Ausrastern und Schreierei. Ist für die Eltern zwar auch sehr anstrengend, aber letztendlich geht es ihnen damit am besten..
Hi Jule,
meines Tochter wird jetzt 7 und ist grad in die 1. Klasse eingeschult worden. Davor war sie in der Vorschule der Grundschule. Irgendwie sind beide Einschulungen bzw die Zeit jeweils danach extrem anstrengend. Diskussionen ohne Ende, Papa ist nur noch doof und wird doppelt so viel angemault wie ich und es wird sich an keine Vereinbarung gehalten. Beim Essen wird rumgerannt. Ich hoffe, es kehrt bald etwas Ruhe ein.
Wir haben das mit unserem Großen gerade mit nach der Einschulung sehr sehr ähnlich auch wieder…. anstrengend trifft es ;) Augen zu und durch!!! Bald wird alles anders:D
Oh ja, ich fühle mit dir. In dieser Phase stecken wir gefühlt seit 4 Jahren 🙈
Ich hab mal versucht die Absprachen zu filmen und es ihr dann zu zeigen. Hmmm naja ab und zu hat es geholfen. Sollte ich mal wieder versuchen 😏
Ansonsten, Augen zu und durch. Irgendwann haben wir es geschafft – spätestens, wenn sie selber Kinder haben 😂
Du schaffst das!
Liebe Grüße
Caro
Hallo, bei uns ist es fast genau das Gleiche. Meine Tochter (fast 5) hat die Gruppe gewechselt und ist fast ein Vorschulkind. Ihr kleiner Bruder ( im Juni 2 geworden) neu in der Kita. Ich habe seit September einen neuen Job, auch bei uns ist alles gerade im Umbruch. Diese Ausraster haben wir nicht, aber endlose Diskussionen und es ist auch nie genug. Egal, was man sich schönes einfallen lässt, sie ist einfach nie zufrieden. Es scheint wohl wirklich eine Phase zu sein. Da müssen wir wohl einfach durch. Aus Erfahrung kann ich sagen: Sie geht vorbei und es wird leichter. Bis dahin versuche ich, geduldig zu sein und Ruhe zu bewahren. Auch wenn es oft sehr schwierig wird. Es tut weh, wenn man alles gibt und es trotzdem nie genug zu sein scheint. Ich denke, meine Generation war einfach anders, meine Eltern haben selten besondere Sachen mit mir gemacht und man lief eher manchmal so nebenher. Wir wollen unsere Kinder halt glücklich sehen. Aber sie müssen auch lernen, dass das alles Grenzen hat. Du machst das schon richtig.