Mein liebes Chaosmädchen,
es ist eine ganze Weile her, dass ich Dir hier ein paar Zeilen gewidmet habe. Also, so ganz persönlich. Von mir. An Dich.
Neulich habe ich darüber geschrieben, wie anstrengend es aktuell mit Dir ist. Ich habe erzählt, dass wir versuchen, Dir klare Ansagen zu geben, weil es anders aktuell nicht zu funktionieren scheint. Einige Leser empfanden diesen Beitrag als „traurig“ und konnten es nicht nachempfinden. Sie vermuten, dass Du zu wenig Liebe bekommst glaube ich. An Liebe aber mangelt es in unserer Familie nicht. Klare Ansagen bedeuten nicht zwangsläufig eine lieblose Erziehung. Wer uns kennt, der weiß das auch.
Du entfernst Dich
Zu keinem Zeitpunkt, wirklich nie nie nie, habe ich Dich nicht geliebt. Das tue ich. Aus vollstem Herzen. Du, mein großes Mädchen, das jeden Tag wächst. Nicht nur körperlich, sondern auch geistig. Du entfernst Dich. Immer ein Stück mehr. Manchmal bin ich traurig darüber, aber dann, ja dann beobachte ich Dich. Dich mit deinen langen blonden Haaren. Dich, wie Du die Welt entdeckst. Ein Gutmensch bist Du. Das haben wir kürzlich erst wieder festgestellt. Du siehst nur das Gute in den Menschen, möchtest selbst Gutes tun. Du bist harmoniebedürftig, ganz wie ich. Du bist wundervoll.
Irgendwie bist Du wunderbar. Irgendwie so.
Natürlich gibt es anstrengende Tage. Und an manchen Tagen bin ich froh, wenn Du abends im Bett liegst, Deine Lippen aufhören zu erzählen und Du müde in die Traumwelt ziehst. Dafür muss ich kein schlechtes Gewissen haben. Auch Mamas wollen irgendwann „Feierabend“, wenn man das so nennen darf.
Ich hoffe, dass Du immer weißt, wie sehr und abgöttisch ich Dich liebe. Du bist das Mädchen, das mich zur Mama gemacht hat. Mein Mädchen, das erste Baby, das in meinem Bauch Purzelbäume schlug und mich damit auf Wolke 7 schweben ließ. Um nichts in der Welt möchte ich Dich missen. Niemals könnte ich mir ein Leben ohne Dich vorstellen. Du bist einzigartig, so wie Du bist. Du bist besonders. Du bist Du. Irgendwie bist Du wunderbar. Irgendwie so.
Du bist wie ich
Vermutlich ecken wir deshalb öfters an, weil Du bist wie ich. Nicht in Allem, aber in einigem. Manchmal bist Du so zappelig und ungeduldig. Das macht mich verrückt. Aber weißt Du, selbst bin ich auch so. Das mag ich auch an mir nicht immer leiden. Ich sollte es mir sagen statt Dir!
Du weißt, was Du willst. Hast einen Dickkopf. Genau, wie Deine Mutter. Ich weiß, dass das auch für einen selbst anstrengend ist. Manchmal will man etwas nur noch, weil man es will. Den Sinn dahinter hat man längst vergessen. Es geht nur noch darum, seinen Kopf durchzusetzen. Heute bin ich ruhiger geworden, aber es gab eine Zeit, da ging es mir wie Dir. Wenn ich Dich sehe, werde ich oft in diese Zeit zurück katapultiert. Und wenn wir beide aneinander geraten, dann ist das schwer auszuhalten. Obwohl wir mit Waage und Widder völlig unterschiedliche Sternzeichen haben, ähneln wir uns dennoch.
Das letzte Wort
Gerne hast Du das letzte Wort. Setzt immer noch einen drauf. Du bist schlagfertig und treibst deinen Gegenüber, in dem Fall mich, oft in den Wahnsinn damit. Doch weißt Du was? Genauso war ich auch. Und ich glaube, auch meine Eltern waren damit manchmal überfordert. Was erwidert man seinem Kind, wenn es immer und immer wieder noch einen drauf setzt.
Neulich, da hast Du mich angespuckt. Für mich war das erniedrigend. Ich bin dennoch ruhig geblieben und habe Dir erklärt, dass ich das nicht möchte. Das klappt nicht immer, aber in unserer Erziehung versuche ich so ruhig wie möglich zu bleiben. Das klappt nicht immer. Ich bin auch nur ein Mensch, aber ich gebe mein Bestes, das glaube mir! Durch Reflexion gelingt es mir leider oft erst spät, bestimmte Situationen zu begreifen. Mama sein ist nicht immer leicht, weißt Du?
„Ich möchte nicht, dass Du mich anspuckst. Ich finde, das macht man nicht. Das ist nicht schön und ich denke, Du möchtest auch nicht, dass man das bei Dir macht.“ Deine Antwort: „Doooch! Ist mir doch egal!“ Dabei hast Du ein Grinsen in deinem Gesicht gehabt. Ich sehe mich. Als Mädchen. Allerdings war ich da sicher zehn Jahre älter als Du. Aber ich sehe mich.
Du bist gut, so wie Du bist
Mein Chaosmädchen. Du bist gut, so wie Du bist. Ein Geschenk des Himmels. Deine Charakterzüge sind einzigartig. Und auch, wenn Du mich oft verrückt machst, mir Frikadellen ans Ohr quatschst, weil Dein kleiner Mund einfach nicht still steht, liebe ich Dich abgöttisch.
Ich mag es, wenn Du Dich an mich kuschelst. Das machst Du immer seltener und ich genieße es. Ich mag es, wenn Du mir stolz dein Tagesoutfit präsentierst, das (in meinen Augen) oft gar nicht zusammen passt. Du hast Deinen eigenen Stil. Nicht nur in Sachen Klamotten.
Ich mag es, wenn Du lachst. Es ist herzlich und echt. Manchmal übertrieben. Aber das bist Du. Mein Kind. Mein Leben. Du bist eine wundervolle große Schwester. Auch das ist sicher kein einfacher Job.
Nur, weil Deine Mama mal erschöpft ist oder keine Lust hat, um 6 Uhr morgens beim Anziehen in irgendwelche Rollenspiele einzutauschen, bedeutet das nicht, dass sie dich nicht liebt. Denn das tue ich. Immer und mit jeder Zelle meines Körpers. Schimpfen und aneinander geraten bedeutet nicht weniger Liebe.
Du bist gut. So wie Du bist. Du gibst Dein Bestes. So wie ich. Ich liebe Dich.
Deine Chaosmama
2 comments
[…] ich bereits Erfahrung. Und auch meine Kinder erhalten regelmäßig persönliche Zeilen. Die letzten Zeilen an das Chaosmädchen sind aber schon eine Weile her, genau wie der letzte Brief an die […]
Sehr schöne Zeilen!!! Ich kenne das auch, Emma ist in vielen Sachen mein Spiegel- schön, wenn es um positive Eigenschaften und Fähigkeiten geht. Sehr unschön, wenn es um Macken und Schwächen geht.